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Alle wollen es billig

Beim Bauerntag der Lippischen Landeskirche ging es um Vorurteile, die zwischen Verbrauchern und Erzeugern stehen

LEMGO – Die aktuelle Diskussion um die Milchpreise belastet das gespannte Verhältnis zwischen Verbrauchern und Landwirten zusätzlich, wie beim evangelischen Bauerntag in der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde St. Johann in Lemgo deutlich wurde. Unter der Fragestellung „Wie fremd sind sich Landwirtschaft und Bevölkerung“ wurden Gegensätze ausgelotet: Während die Verbraucher angesichts Massentierhaltung Vorwürfe (wie die der Tierquälerei) in den Raum werfen, wollen sie letztendlich doch eins: Möglichst billig einkaufen.
Referent Peter Markus von der Evangelischen Akademie Villigst der Evangelischen Kirche von Westfalen machte verschiedene Faktoren für den Werteverfall verantwortlich. Seit der Nachkriegszeit, so Markus, sei der Ertrag in der Landwirtschaft durch die Intensivierung der Produktion deutlich gestiegen. „Die Märkte sind nicht mehr regional beschränkt, sondern stehen weltweit offen, was dazu führt, dass das gesamte Angebot ganzjährig und im Überfluss verfügbar ist. Auch dadurch verlieren Produkte aus Verbrauchersicht ihre Wertigkeit.“
Außerdem führe der Strukturwandel zu einer Entfremdung der Menschen von der Landwirtschaft. „Betriebe werden aufgekauft, fusionieren zu größeren Betrieben. Dadurch geht die Präsenz der Landwirtschaft in den Dörfern zurück“, so Markus. Größere Tierbestände führten zu mehr Verkehr und erhöhten Emissionen, so dass schnell Bezeichnungen wie „Brunnenvergifter“, „Tierquäler“ oder „Antibiotika-Missbrauch“ fallen.
Aus Sicht des Experten ist es verheerend, dass Einzelfälle in den Medien skandalisiert oder eben romantisiert werden. „Das realistische Bild der modernen, innovativen Betriebe fehlt mir in den Medien völlig. Einzig in der ,Sendung mit der Maus‘ sieht man noch die einzelnen Produktionsschritte, wie sie wirklich sind“, sagte Markus.
Seine Forderung: „Diese alten und falschen Bilder der Landwirtschaft müssen durch realistische Bilder ausgetauscht werden, damit auch die Verbraucher den aktuellen Status kennen und besser informiert sind.“ Transparenz, Vertrauen zwischen Landwirten und Verbrauchern seien nötig, um wieder in einen vorurteilsfreien Dialog zu treten. Dabei müsse auch über staatliche Zuschüsse aufgeklärt werden, ohne die die wenigsten Landwirte heute überleben könnten.
Schweinemäster Friedrich-Wilhelm Meierjohann lobte die Schlagwörter, die Markus erläuterte. Aber ihm fehlten konkrete Lösungsansätze und das „Ziehen an einem Strang“. „Ich möchte keine Prämie vom Staat erhalten, um meine Tierhaltung oder Fläche zu extensivieren, denn damit wird Einfluss auf meinen Betrieb genommen. Das alte Gesetz von Angebot und Nachfrage funktioniert auch heute in der Landwirtschaft gut, es sollte niemand reglementierend eingreifen“, erklärte Meierjohann. In der angeregten Diskussion kritisierten vor allem die Landwirte den aktuellen Umgang in den Medien. bro