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Alexander Brandl: Instagram-Pfarrer und Klosterfan

Alexander Brandl erinnert sich noch genau. „Dort hinten saß ich“, sagt der 39-Jährige und zeigt in eine Ecke des weißen Saals. Ende 2017, beim Meditationskurs von Schwester Edith, wurde ihm klar, dass er Pfarrer werden will. Er, der studierte Gymnasiallehrer für Deutsch, Französisch und evangelische Religion, er, der einst katholische Bub aus der Oberpfalz, will seinen gut dotierten Beruf als PR-Manager an den Nagel hängen. Und tatsächlich wird Alexander Brandl Pfarrer und „Christ-Fluencer“. Seit kurzem ist er Theologisch-Pädagogischer Vorstand des evangelischen Klosters auf dem Schwanberg.

Für Brandl ist das nicht einfach nur ein Job. „Es fühlt sich ein bisschen wie Heimkommen an“, sagt er. Dort, am Schwanberg im unterfränkischen Landkreis Kitzingen, am Rand des Steigerwalds, habe er damals eine „so tiefe Gotteserfahrung“ gemacht wie nirgends sonst. Sich so bedingungslos angenommen zu fühlen, sei für ihn „eine wichtige Erfahrung gewesen, die ich gerne an andere weitergeben wollte“. Er sei in seinem Beruf als PR-Manager zwar „recht gut und auch erfolgreich“ gewesen. Trotzdem fehlte ihm etwas: „Ich wusste, da muss es mehr geben.“

2018 schreibt er sich ins Theologiestudium ein. Sein Mann unterstützt ihn von Anfang an: „Das klingt nach dir“, habe er damals zu ihm gesagt, erinnert sich Brandl. Da er sich vieles aus seinem Lehramtsstudium anrechnen lassen kann, ist er schon 2020 fertig – und beginnt seine praktische Pfarrerausbildung als Vikar in Harlaching. Damals fällt Brandl eine folgenreiche Entscheidung. „Ich habe mein Handy ohne Internetfunktion in ein Smartphone umgetauscht“, sagt er. Denn Verkündigung, die Kernaufgabe eines Pfarrers, wollte er nicht nur von der Kanzel betreiben, sondern im Netz.

Was daraufhin folgt, kann man durchaus als steile Karriere beschreiben. Seine Art, sich, seinen Glauben, seinen Job und die Kirche im Netz zu präsentieren, kommt gut an. Vor allem jüngere Menschen folgen Brandl auf Instagram & Co. Schnell wird man auch in den kirchlichen Medienhäusern und in den Kirchenämtern auf ihn aufmerksam. Der „Hipster-Pfarrer“ aus München mit dem Instagram-Namen „@Alpha.Oh.Mega“ wird Teil des evangelischen Yeet!-Netzwerks für junge christliche Influencerinnen und Influencer. „Da bin ich heute noch dabei – aber nicht mehr so aktiv“, sagt er.

Denn inzwischen hat Alexander Brandl sein Vikariat und seine erste Pfarrstelle an der Olympiakirche München hinter sich gelassen. Er lebt seit einigen Monaten mit seinem Mann in Volkach am Main – und arbeitet auf einer halben Stelle auf dem Schwanberg, seinem „spirituellen Wohlfühlort“, an dem er auch berufsbegleitend eine Meditations-Ausbildung gemacht hat. Als Theologisch-Pädagogischer Vorstand ist er im Evangelischen Kloster der benediktinischen Frauen-Communität Casteller Ring für die inhaltliche Arbeit verantwortlich, also zum Beispiel die angebotenen Kurse.

Seither hat er sehenswerte Kurzvideos mit Casteller Schwestern aufgenommen, schwärmt von der Landschaft mit ihren Weinbergen – und ist mit seiner Körpergröße, seinem schmalen Oberlippen-Bart und der schicken Kleidung selbst ein Hingucker. Aber passt das auch? Fränkischer Schwanberg und Großstadt-Pfarrer? „Ich bin durch meinen katholischen Background ein großer Freund von strenger Liturgie“, sagt er, „aber immer gepaart mit einer inhaltlichen Weite“. Wenn diese Pole zusammenkommen, „entsteht für mich etwas Heilsames“. Und das kommt nicht nur bei ihm gut an.

In den sozialen Medien folgen Brandl ein paar Tausend Menschen – aktuell sind es sogar ein paar mehr, als der bayerische Landesbischof Christian Kopp verbucht. Außerdem ist Brandl Teil der Rundfunkprediger-Teams im Bayerischen Rundfunk (BR). Dort hält er regelmäßig die evangelische Morgenfeier auf Bayern 1. Zusätzlich betreut er den Abend-Impuls „Auf ein Wort“ redaktionell mit: „Ich lieb’s – damit bin ich aufgewachsen“.

Das Exponiertsein stört Brandl nicht, er kommt mit dem digitalen und analogen Scheinwerferlicht gut klar. Doch der private Alexander ist nachdenklich, zurückhaltend. „Natürlich gibt es da viel Hass und Hetze im Netz“, räumt er ein. Ihm helfe dagegen ein Spaziergang im Wald und Meditation. „Und meine Erfahrung aus der Seelsorge: Ich weiß, dass jeder ein ‘Päckchen’ zu tragen hat – und dann denke ich mir: Was muss dem alles passiert sein, dass er so was Hässliches schreibt?“

Seine Pläne für den Schwanberg sind zunächst überschaubar. „Back to the roots“, sagt er. Meditationskurse, kritische Bibelarbeit: „Ich will hier keinen großen Zirkus veranstalten.“ Vor allem hört er seit seinem Amtsantritt zu, was sich die Schwestern, die Mitarbeitenden und die Gäste wünschen. Das Ergebnis sei eindeutig: „Vereinfachung.“ Sich auf das Besinnen, was sowieso da ist und den Ort ausmacht – zum Beispiel das Stundengebet der Communität: „Alle, auch die Jugendlichen, die das miterleben, sind davon richtig geflasht.“ (3432/12.11.2025)