Die AfD-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag hat am Mittwoch ihren bisherigen Vorsitzenden Michael Frisch abgewählt und Jan Bollinger zu dessen Nachfolger bestimmt. Als Folge der Entscheidung erklärten Frisch und der Abgeordnete Martin Louis-Schmidt ihren Austritt aus der Fraktion. Die Abwahl „ohne nachvollziehbare Gründe“ habe internen Absprachen widersprochen und stelle einen „massiven Vertrauensbruch“ dar, der eine weitere Zusammenarbeit unmöglich mache.
In einer gemeinsamen Presseerklärung teilten Frisch und Louis-Schmidt mit, sie fühlten sich „den programmatischen Inhalten der AfD unverändert verpflichtet“. Forderungen der neuen Fraktionsspitze, ihre Mandate zurückzugeben, wies Frisch zurück. „Ein Mandatsverzicht steht außer jeder Diskussion“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der frühere Mathematik- und Religionslehrer bestätigte, dass er auch Vorsitzender der AfD-Fraktion im Trierer Stadtrat bleiben werde. Seinen Kreisverband wisse er „zu 100 Prozent“ hinter sich.
Die Ursache seiner Abwahl sieht Frisch nach eigenen Angaben vor allem im „übergroßen persönlichen Ehrgeiz“ seines Nachfolgers. Mit der wachsenden Bedeutung von „Seilschaften“ und persönlichen Abhängigkeiten über Beschäftigungsverhältnisse sei die AfD den etablierten Parteien immer ähnlicher geworden, warf er seinen bisherigen Fraktionskollegen vor.
Bollinger hatte Frisch 2022 bereits an der Spitze der Landespartei abgelöst. Er bestritt die Existenz einer Verabredung, der zufolge Frisch noch bis kurz vor der nächsten Landtagswahl an der Spitze der Fraktion bleiben sollte: „Diesen Deal hat es nicht gegeben.“ Die Fraktion habe beschlossen, sich personell neu aufzustellen, und es sei sehr bedauerlich, dass nicht alle das Ergebnis der internen Wahl anerkennen wollten. Zum Stimmenverhältnis bei der Kampfabstimmung um den Vorsitz der bisher achtköpfigen Fraktion wollte sich Bollinger öffentlich nicht äußern, Frischs Angaben zufolge fiel die Entscheidung mit drei zu fünf Stimmen.
Der 66 Jahre Frisch galt als Vertreter des eher gemäßigten Lagers innerhalb der AfD. Er hatte mehrfach auch öffentlich Kritik an der Parteiführung geäußert. Schon 2021 hatte die AfD im Mainzer Landtag durch den Parteiaustritt ihres Abgeordneten Matthias Joa ein Mitglied verloren. Dieser hatte seinen Austritt mit einer zunehmenden Radikalisierung der Partei begründet. „Mit der Entmachtung Frischs und dem Einsetzen Bollingers an der Fraktionsspitze haben sich die Wölfe nun ihres Schafspelzes entledigt“, kommentierte die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die Vorgänge in der AfD.