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Ärzteblatt: Gesetz zur Suizidvorbeugung kommt 2026

Jährlich sterben so viele Menschen durch Suizid wie durch Schlaganfall. Verbände fordern deshalb ein schnelles Gesetz zur Prävention. Die Politik arbeitet daran.

Die Suizidprävention soll in Deutschland im nächsten Jahr gesetzlich verankert werden. Das berichtet das “Deutsche Ärzteblatt” am Dienstag unter Berufung auf Koalitionskreise. Zuvor hatten mehrere Verbände an die Politik appelliert, so schnell wie möglich ein Schutzkonzept für Menschen mit Suizidgedanken zu entwickeln und umzusetzen.

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf ein Suizidpräventionsgesetz verständigt. Ende 2024 hatte das Bundeskabinett der Ampel bereits einen Gesetzentwurf beschlossen, der aber wegen des Bruchs der Regierung nicht mehr umgesetzt wurde. Zuvor hatte der damalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine “Nationale Suizidpräventionsstrategie” vorgelegt.

Nächstes Jahr werde das Bundesgesundheitsministerium einen Entwurf vorlegen, eine genaue Terminierung erfolge in Kürze, sagte die Bundestagsabgeordnete Svenja Stadler (SPD) dem “Ärzteblatt”. “Dass sich so viele Menschen in Deutschland das Leben nehmen, ist ein unhaltbarer Zustand, dem wir alles in unserer Macht Stehende entgegensetzen müssen.”

Die CSU-Abgeordnete Emmi Zeulner sagte dem Fachblatt, sie sehe die Chance, eine von Forschung sowie Expertinnen und Experten breit getragene Regelung zu schaffen – insbesondere mit Bezug zu psychischer Gesundheit und einer stärkeren Verzahnung mit der Hospiz- und Palliativversorgung. “Gerade nach den erlebten Krisen und angesichts der steigenden Einsamkeit ist es unsere Pflicht, als Gesellschaft für niedrigschwellige und flächendeckende Angebote und Strukturen zu sorgen und mehr über Suizidalität aufzuklären und zu informieren”, sagte Zeulner.

Für Aufklärung und Forschungsförderung seien für 2026 im Haushalt des Gesundheitsministeriums entsprechende Mittel eingestellt, erklärte Stadler. Insgesamt beliefen sich die Gelder für Aufklärung, Forschung und Mittel für Selbsthilfeverbände auf ungefähr 2,3 Millionen Euro. Zudem seien auch in anderen Einzelplänen Mittel dafür zu finden.

Zuvor hatten mit Blick auf jährlich 10.000 Selbsttötungen mehrere Verbände ein schnelles Gesetz zur Vorbeugung von Suiziden gefordert. “Wir brauchen unter anderem eine zentrale Rufnummer für suizidale Menschen”, forderte die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention, Ute Lewitzka. Überdies bedürfe es einer besseren Finanzierung von vorbeugenden Angeboten für gefährdete Personen und Angehörige.

Menschen mit Todeswunsch wollten oftmals nicht sterben, sondern nicht mehr so weiterleben, wie es für sie Alltag sei, sagte die Expertin. Daher gelte es, den Zugang zu Suizidmethoden zu verringern. Vergiftungen ließen sich durch kleinere Medizinpackungen, Suizide auf Bahngleisen und Stürze in die Tiefe durch geänderte Bauvorgaben erschweren.

“Bei jeder Autobahnbrücke oder jedem öffentlichen Gebäude lässt sich das Risiko beim Bau direkt mitplanen”, verdeutlichte Lewitzka. “Der Staat hat hier eine Schutzpflicht.” Die Bundesärztekammer forderte, die Suizidprävention bei den Haushaltsberatungen für 2026 ausreichend zu berücksichtigen. “Aus der ärztlichen Praxis wissen wir, wie wichtig menschliche Zuwendung in diesen Fällen ist: Das Wissen, ernst genommen zu werden, kann dazu beitragen, von Suizidplänen abzulassen”, sagte Kammerpräsident Klaus Reinhardt.

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen sprach sich unter anderem für die Einrichtung einer bundesweiten Informations-, Beratungs- und Koordinationsstelle sowie ein Verzeichnis aller Hilfsangebote aus. Auch müsse es einen rechtlichen Anspruch auf kostenfreie Beratung, die Förderung der Forschung und Verankerung in der Aus- und Fortbildung geben.

Auch die Malteser erklärten, es brauche dringend ein Gesetz zur Suizidprävention. Unter Jugendlichen sei ein Suizid mit 18 Prozent die häufigste Todesursache. Mehr als die Hälfte aller Suizide erfolge durch Menschen über 65 Jahre. “Wir sollten als Gesellschaft den Anspruch haben, diese verheerenden Zahlen deutlich zu verringern”, forderte der Vorstandsvorsitzende der Malteser Deutschland, Elmar Pankau.