Esse ich das Stück Kuchen noch oder nicht? Bei Adipositas kann sich Fachleuten zufolge das Zusammenspiel von Gehirn und Körper verändern – und Entscheidungen stark beeinflussen.
Adipositas, auch als Fettleibigkeit bekannt, kann zu verschiedenen Folgeerkrankungen wie Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs führen. Allerdings hat Adipositas nicht nur Folgen für den Körper, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Kommunikation zwischen Gehirn und dem Rest des Körpers. Darauf machten Mediziner beim Kongress für Endokrinologie in Baden-Baden am Dienstag aufmerksam. “Das Gehirn kann Signale, die der Körper aussendet, dann oft nicht mehr richtig interpretieren”, erklärte Ruth Hanßen, Fachärztin für Innere Medizin und Endokrinologie an der Uniklinik Köln.
Betroffene würden beispielsweise zu viel essen, da das Gehirn weiterhin ein Hungersignal sende – obwohl der Körper bereits genug Energie habe. “Adipositas beeinflusst die Entscheidungsfindung, weil das Belohnungszentrum im Gehirn nicht mehr gut funktioniert”, sagte Hanßen. Besonders stark fett- und zuckerhaltige Lebensmittel führten zu Veränderungen im Belohnungssystem des Gehirns: “Die Folge ist, dass man immer mehr Lust auf diese hochkalorischen Lebensmittel hat.” Die Medizinerin ergänzte: “Die Lebensmittelindustrie hat das offenbar schon früh verstanden.”
Als adipös oder fettleibig gelten Menschen mit einem Body-Mass-Index über 30. Der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) zufolge ist ein gutes Viertel der deutschen Bevölkerung von Adipositas betroffen, die Zahl der Erkrankungen steige weiter.
Hanßen berichtete, dass fettleibige Menschen noch immer stark stigmatisiert würde. Sie selbst habe im Studium noch gelernt, Adipoitas-Patienten zum Abnehmen und zu mehr Bewegung zu raten. Nun forderte sie allerdings: “Wir müssen unseren Blick auf die Erkrankung ändern. Sie ist chronisch und es ist von großer gesellschaftlicher Relevanz, für unsere Patienten adäquate Therapieformen zu finden.”
So müsse beispielsweise deutlich gemacht werden, dass bei Adipositas in der Regel eine lebenslange Therapie benötigt werde. Verhaltens- und Ernährungstraining sowie Bewegungstherapie seien Behandlungsformen; weiterhin gebe es die Möglichkeit, Fettleibigkeit auch medikamentös oder operativ zu behandeln.