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Science-Fiction meets Retro-Charme

Wie ein Alien erscheint David Bowie in den grobkörnigen Bildern auf dem Bildschirm der Zeitmaschine. Er wirkt wie eine geheimnisvolle Erscheinung, eine außerirdisch klingende Stimme aus der Zukunft des Jahres 1969. So platzt er mitten hinein in die frühen 40er Jahre in England, in das alte verfallene Landhaus, das die beiden Schwestern Thomasin und Martha Hanbury, die sich Thom und Mars nennen, von ihren früh verstorbenen Eltern geerbt haben. Thom (Emma Appleton) und Mars (Stefanie Martini) leben ein bisschen so wie ein Pippi-Langstrumpf-Duo, pfiffig und eigenwillig, erfinderisch und anarchistisch, ohne Erwachsene, die sich um sie kümmern oder sie reglementieren.

Thom hat die geniale Maschine zusammengetüftelt, mit der die Hansbury-Schwestern Radio- und Fernsehberichte aus der Zukunft empfangen können. Benannt haben sie die Wundermaschine nach ihrer Mutter Lola. Der Blick in die Zukunft ist für die beiden zunächst ein gewitztes Spiel mit Popkultur und Zeitgeschichte: Wie wirken David Bowie, Bob Dylan und die Kinks, wenn sie aus ihrer Zeit gefallen sind? In einer wunderbaren Szene singt Martha „You Really Got Me“ und reißt das verwunderte Barpublikum, nach kurzer Irritation über die neuartigen Klänge, zu ekstatischen Tanzrhythmen hin. Sie nehmen Ideen und Sprachwendungen aus der Zukunft auf, überraschen ihre Zeitgenossen mit Worten wie „cool“, mit progressiven Ansichten zur amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und ihrem Wissen von der Mondlandung.

Doch aus dem Spiel wird bald Ernst, schließlich befindet sich Großbritannien im Krieg gegen Hitler-Deutschland und Nachrichten über den Kriegsverlauf sind wertvolle Informationen, die strategische Vorteile verschaffen. So werden aus den beiden Frauen Geheimagentinnen, die Informationen an die britische Regierung liefern. Und dann passiert ein Fehler und sie werden von Heldinnen zu Verräterinnen, denen die Todesstrafe droht. Das alles geschieht in rasender Geschwindigkeit.

Sein Spielfilmdebüt hat Andrew Legge mit Mini-Budget schon vor zwei Jahren unter den Einschränkungen des Corona-Lockdowns im Stil eines Found-Footage-Films, also aus vorgefundenem Bildmaterial, gedreht. Und es sprüht geradezu vor Fantasie und Ideen. Mit schnittiger Kurzhaarfrisur und androgyner Kleidung, weißer Bluse zu schwarzer Hose wirkt Emma Appleton als Thomasin in der Welt der 40er Jahre auf raffinierte Weise modern. Die mit alten Kameras im Stil von Home Movies gedrehten Schwarz-Weiß-Bilder erscheinen flirrend, flüchtig und sprunghaft. Immer wieder werden sie zudem mit historischen Archivbildern versetzt, die die Science-Fiction in der Historie verankern. Die fiktiven Schwestern wiederum sind inspiriert von den realen Mitford Sisters, und wie jene driften auch sie politisch auseinander: Während sich Thomasin von den Nazis vereinnahmen lässt, ist Martha eher den Kommunisten zugetan.

Die verspielte Experimentierlust kollidiert schließlich mit den harten Realitäten des Krieges und mit den Regeln der Zeitreise. Jede Veränderung im Lauf der Zeit zieht unkontrollierbare Folgen nach sich. So stellt Mars zu ihrem Entsetzen irgendwann fest, dass statt David Bowie auf einmal ein bizarrer Nazipop-Barde Karriere macht.