Deutschland müsse kriegstüchtig werden, hat der Verteidigungsminister gesagt. Ob dafür eine Rückkehr zur Wehrpflicht nötig ist, ist umstritten. Die Zustimmung in der Bevölkerung ist allerdings hoch.
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen wünscht die Rückkehr zur Wehrpflichtarmee. 60 Prozent der vom Marktforschungsinstitut YouGov im Auftrag von “Welt am Sonntag” Befragten befürworten die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht “voll und ganz” (28 Prozent) oder “eher” (32 Prozent). 32 Prozent lehnen sie ab – 18 Prozent “eher” und 14 Prozent “voll und ganz”. Acht Prozent machten keine Angaben.
Die Wehrpflicht war im Jahr 2011 ausgesetzt worden. Der Bundeswehr gelingt es seither allerdings nicht, auf dem Arbeitsmarkt ausreichend Nachwuchs zu rekrutieren.
Die meisten Anhänger hat eine Rückkehr der Wehrpflicht laut der Umfrage mit 72 Prozent unter den Wählern der Unionsparteien. Es folgen die Wähler der SPD (66 Prozent), der AfD (64) und der FDP (62). Bei Grünen-Wählern liegt die Zustimmung zum Wehrdienst niedriger, findet aber ebenfalls eine Mehrheit (48 zu 41 Prozent). Nur Linken-Anhänger lehnen sie mit 43 zu 49 Prozent ab.
Während die von einer Pflicht betroffene Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen mehrheitlich dagegen ist (43 zu 47 Prozent), wächst die Zustimmung mit zunehmendem Lebensalter. Schon die 30- bis 39-Jährigen sind mehrheitlich dafür (49 zu 40), bei den über 70-Jährigen sind 77 Prozent dafür und 17 Prozent dagegen.
Die Wehrpflicht wird von Männern (64 Prozent) demnach stärker befürwortet als von Frauen (54 Prozent) und findet bei Bürgern mit niedrigen Schulabschlüssen mehr Unterstützung (67) als bei jenen mit mittleren oder hohen (jeweils 51). In ländlichen Regionen sind die Befürworter mit 61 Prozent zahlreicher als in Städten mit 56 Prozent. Die Unterschiede zwischen West (60 dafür) und Ost (57 dafür) sind marginal.
Knapp die Hälfte der Bundesbürger sieht Deutschland derzeit militärisch bedroht. 49 Prozent glauben, das Land sei durch fremdes Militär stark (elf Prozent) oder etwas bedroht (38). 40 Prozent sehen eher keine (30) oder überhaupt keine Bedrohung (zehn).
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird am kommenden Mittwoch seine Pläne für eine neue Form des Wehrdienstes vorstellen. Diese werde auch “Pflichtbestandteile” umfassen, kündigte der Sozialdemokrat im Bundestag an. Man rechnet im Verteidigungsministerium damit, dass die aktuellen Nato-Planungen “absehbar” eine Erhöhung des deutschen Personalziels von 203.000 auf “tendenziell deutlich über 272.000 Soldatinnen und Soldaten” erfordern, wie das Magazin “Spiegel” (Freitag) berichtete. Gleichwohl stehen die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP einem Pflichtdienst kritisch gegenüber.