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500 Jahre Gesangbuch: Paul Gerhardt zeigt, wie Vertrauen geht

“Sollt ich meinen Gott nicht singen” heißt ein ziemlich altes Lied aus dem Evangelischen Gesangbuch. Aktuell ist es trotzdem. Zum Beispiel sonntags.

Konja Voll ist Kirchenmusikdirektor für Mecklenburg und Pommern
Konja Voll ist Kirchenmusikdirektor für Mecklenburg und PommernThomas Neu

Der Choral „Sollt ich meinem Gott nicht singen“ ist eines meiner Lieblingslieder im Gesangbuch. Der Text dieses Danklieds stammt von dem berühmten Liederdichter Paul Gerhardt. Neben Martin Luther ist er der bedeutendste Liederdichter in der Gesangbuch­geschichte. Er schrieb dieses Lied 1653 kurz nach dem Dreißigährigen Krieg – in einer Zeit, in der die Verwüstungen und Nöte des Krieges noch sehr präsent waren. Sollt ich meinem Gott nicht singen?

Diese Frage beantwortet Gerhardt trotz vieler düsterer Lebenserfahrungen mit einem klaren „Ja!“ Dieses Ja begründet er in den folgenden Strophen in vielfältiger Weise. Die zehn (ursprünglich sogar zwölf) Strophen stecken voller tiefer theologischer Gedanken, vor allem aber sind sie geprägt von dankbarem Vertrauen auf Gottes Liebe. „Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit“ – mit diesem Kehrvers enden die ersten neun Strophen. Die zehnte Strophe bringt es dann noch einmal auf den Punkt: Die Gewissheit, von Gott geliebt zu werden, nimmt die Singenden hinein in den Klang der Ewigkeit.

Eine tänzerische Melodie

Paul Gerhardt weiß: Lob geschieht am besten, wenn ich singe. Dann gerate ich mit dem ganzen Körper in Schwingung. Freudiger Dank ist nicht eine Sache des Verstandes und des Wortes, er reicht viel tiefer. Das erfahre ich im Gesang, am liebsten mit anderen zusammen. Deshalb ist es umso schöner, dass Paul Gerhardts Text zusammen mit einer der besten Melodien unseres Gesangbuchs überliefert ist.

Geschrieben hat diese Melodie Johann Schop: Schwungvoll ist sie, tänzerisch. Gleich zu Anfang führt sie in großen Sprüngen nach oben. Sie ist gar nicht so leicht zu singen mit ihrem großen Tonumfang und der einen oder anderen rhythmischen und harmonischen Überraschung. Aber das Lied macht mir beim Singen gute Laune. Und Text und Melodie wirken auch nach über 350 Jahren immer noch frisch. Wenn ich dieses Lied singe, merke ich, wie recht Paul Gerhardt hat: Gotteslob und Singen gehören zusammen!

Konja Voll ist Kirchenmusikdirektor für Mecklenburg und Pommern