Er habe noch nie einen so stürmischen Jubel für einen Film erlebt, schrieb der Filmjournalist Roger Ebert nach der Premiere von „Einer flog über das Kuckucksnest“. Am 19. November 1975, vor 50 Jahren, kam die Tragikomödie mit Jack Nicholson in den USA auf die Leinwand, sie wurde mit fünf Oscars ausgezeichnet. Das „Amerikanische Filminstitut“ zählt das Werk zu den 100 besten US-Filmen aller Zeiten.
Unter der Regie von Milos Forman geht es um Aufstand gegen Autorität und Willkür. Das passte zum Zeitgeist in den 1970ern in den USA, Präsident Richard Nixon war zurückgetreten, der Vietnamkrieg zu Ende gebracht.
#Autoritäre Kontrolle
Das „Kuckucksnest“ ist eine psychiatrische Klinik mit den damals üblichen Behandlungsmethoden Elektroschock und Lobotomie, einem Eingriff, bei dem Nervenbahnen im Gehirn durchgeschnitten werden. Die Patienten tragen den Film. Die 18 Männer in einer geschlossenen Abteilung, verlorene Seelen allesamt, werden von der eisigen Oberschwester Mildred Ratched (Louise Fletcher) kontrolliert und „therapiert“.
In der US-Popkultur ist „Krankenschwester Ratched“ heute Inbegriff autoritärer Kontrolle und institutioneller Grausamkeit. Bei der Oscar-Verleihung sagte Fletcher, die Zuschauer hätten ihre Figur „wohl so sehr gehasst, dass ihr mir diese Auszeichnung gegeben habt“.
#Meisterhafter Jack Nicholson
Alles geht den gewohnten tristen Gang in Ratcheds Abteilung, bis ein Patient kommt, der sich nicht einfügt in den farblosen Alltag der Gesprächskreise, der klassischen Musik und der Medikamentenausgabe. Der Rebell ist ein 38-jähriger Gefängnisinsasse namens Randle McMurphy (meisterhaft gespielt von Jack Nicholson), verurteilt unter anderem wegen Vergewaltigung. Er hat sich als „verrückt“ einweisen lassen, in der Hoffnung auf ein angenehmeres Leben als im Knast.
McMurphy ist überzeugt von seinem Charme und seiner Fähigkeit, andere zu manipulieren. Manche Mitpatienten, vornehmlich der zwei Meter große Muskogee-Indigene Will Sampson in der Rolle des „Chief“ (Häuptling) Bromden lassen sich anstecken. McMurphy verschätzt sich jedoch in der Annahme, er könne gegen Ratched gewinnen. Es geht nicht gut aus. McMurphy erfährt, dass er nicht automatisch nach Verbüßen seiner Gefängnisstrafe entlassen wird.
Sein Schicksal liegt vielmehr in Ratcheds Händen. Sie bestraft ihn mit Elektroschocks. Nachdem er die Krankenschwester tätlich angriffen hat, wird an McMurphy eine Lobotomie vorgenommen. Sein Freund „Chief“, mit dem er ausbrechen wollte, sieht McMurphy als zerstörten Menschen daliegen. Aus Mitleid erstickt er McMurphy und entkommt.
Einer der beiden Produzenten des Filmes war Michael Douglas. Der Fachdienst deadline.com wollte vor kurzem von dem 81-Jährigen wissen, wie er 50 Jahre danach den Film sehe. Er denke, „Einer flog über das Kuckucksnest“ reflektiere, „was heute in Amerika passiert“, erklärte Douglas. Es existiere „eine Parallele von Krankenschwester Ratched und ihrem System“ zu den Zuständen in den USA. „Wir werden gegenwärtig angegriffen in unserem Land.“
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Bestseller aus dem Jahr 1962 von Ken Kesey, einer Persönlichkeit der Hippie-Gegenkultur-Bewegung. Kesey kam bei seiner Arbeit als Hilfskraft in einer psychiatrischen Klinik auf die Idee, wie der Rundfunksender NPR berichtete. Als junger Mann habe der 2001 verstorbene Kesey zudem an einem geheimen, doch inzwischen wohl dokumentierten Programm des Geheimdienstes CIA teilgenommen, in dem bewusstseinsverändernde Drogen getestet wurden.
Mit dem Film habe sich Kesey nie anfreunden können. Die „New York Times“ zitierte den Autor mit den Worten, sein Buch habe sich besonders mit der Figur des Ureinwohners befasst, „Chief“ im Film. Auf der Leinwand ist „Chief“ eine Nebenfigur. Zum Jubiläum bringt die Medienfirma Warner Bros. Home Entertainment am 11. November eine aufpolierte digitale Version von „Einer flog übers Kuckucksnest“ auf den Markt.