Halbierung der Mitgliederzahl, der Finanzen, des Immobilienbestands: Die evangelische Kirche in Bayern wird – allen Prognosen zufolge – in den nächsten etwa zehn Jahren einen drastischen Wandel durchmachen. „Die Transformation und die Frage, wie wir die vorhandenen Mittel sinnvoll einsetzen, beschäftigt alle“, sagt Tobias Budesheim. Der 26-jährige Münchner hat BWL und Unternehmensführung studiert, er arbeitet in der Finanzabteilung des LMU Klinikums München – und er gehört zu den 34 jungen Männern und Frauen, die sich am Sonntag (7. Dezember) zur Wahl für das nächste Kirchenparlament der bayerischen Landeskirche stellen.
Auf diese Zahl ist Malte Scholz, Vorsitzender der Evangelischen Jugend Bayern (EJB), stolz. „34 Kandidierende bis einschließlich 30 Jahre – das sind dreimal so viele wie bei der letzten Wahl 2019, da waren es gerade mal 11 Personen“, sagt der 24-Jährige. Ursprünglich habe man mit der Kampagne „#ehrensynode“ sogar 50 Kandidierende anvisiert. Dass es trotz der Größe der EJB weniger sind, liege vermutlich auch an der Art der Arbeit: „Synodale sein heißt Sitzungen am Wochenende, seitenweise Vorlagen, komplexe Kirchenpolitik“, so Scholz, der gerade seinen Master „Management von Sozial- und Gesundheitsbetrieben“ schreibt. Das sei neben Studium, Ausbildung und manchmal auch Familiengründung „ein echter Kraftakt“.
Die 34 jungen Leute, die sich zusammen mit 254 Ü-30-Kandidaten zur Wahl stellten, seien dennoch dazu bereit. Sie brächten genau das mit, was die Kirche jetzt brauche, findet Scholz: „Erfahrung aus der Jugendarbeit und weiteren kirchlichen Arbeitsfeldern, digitale Kompetenz, frische Ideen und den Mut, Dinge anders zu denken.“
Mut ist ein Stichwort für Helena Jung. Die 21-Jährige, die in Bamberg griechische Philologie studiert, würde als Synodale bei den anstehenden Strukturänderungen gern vom Zukunftsbild der Kirche her denken, statt noch viel Kraft in das Klein-klein von Gemeindefusionen zu stecken. „Kirche muss ein Ort mit Mehrwert sein, den es sonst in der Gesellschaft nicht gibt“, sagt die Nürnbergerin, die sich seit vielen Jahren im CVJM engagiert.
Für sie wäre Kirche ab 2035 ein Ort „gegen Einsamkeit, für Singles, für Menschen mit verschiedensten Bedürfnissen, ein Ort, an dem Begegnung stattfindet statt noch mehr Spaltung“. Dass sie sich die Kandidatur zur Landessynode zutraut, sei das Verdienst der EJB-Kampagne: „Ich habe gemerkt, dass ich dort keine Einzelkämpferin bin, sondern aufgehoben in einem Netzwerk junger Leute, das als Team agiert“, sagt Jung.
Das erklärte Ziel der Evangelischen Jugend in Bayern für die Synodalperiode von 2026 bis 2032 sind wenigstens 22 Synodale bis 30 Jahren. Das entspricht bei 108 Abgeordneten einer „Jugendquote“ von 20 Prozent, wie sie der Lutherische Weltbund laut EJB-Homepage schon 1984 empfohlen hat. Erste Schritte seien gemacht worden: So hätten die drei Jugendsynodalen seit 2020 auch Stimmrecht, und das Durchschnittsalter der Synodalen sei bei der Wahl 2019 von 53,5 auf 46,5 Jahre gesunken. Trotzdem seien nur neun Abgeordnete zum Zeitpunkt der Wahl unter 30 Jahre alt gewesen.
„Ob alt oder jung: Wir müssen gut zusammenarbeiten“, findet Tobias Budesheim. Er, der früher Konfi-Tutor, Mitglied im Jugendausschuss und Mesner seiner evangelischen Heimatgemeinde in Oberhaching war, habe deshalb nicht gezögert, als ihm der Münchner Hochschulpfarrer Friedemann Steck die Idee einer Kandidatur antrug: „Ich mache das gern.“ Auch sein Zwillingsbruder Matthias, der einen Master in Philosophie hat, wirft am 7. Dezember seinen Hut in den Ring. Ihr gemeinsames Ziel für die Kirche: „Auf andere zugehen und Brücken bauen – auch zu anderen Religionen. Allen zuhören – auch denen, die sich ausgeschlossen fühlen. Junge Leute wieder zur Kirche bringen – auch, um theologischen Nachwuchs zu fördern“, zählt Budesheim auf.
Jetzt sind die wahlberechtigten Kirchenvorstände am Zug. Malte Scholz‘ Wunsch ist klar: Alle Stimmberechtigten sollten mindestens eine junge Person wählen, sagt er, „nicht aus Mitleid, sondern aus Überzeugung“. Es sei weniger riskant, jungen Menschen eine Chance zu geben, als „weiterzumachen wie bisher, während uns die Mitglieder weglaufen“. Die Kirche stehe vor massiven Veränderungen. Es brauche Menschen in der Synode, „die nicht nur für heute, sondern für morgen und übermorgen denken“, so Scholz. (3775/.01.12.2025)