30 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda hat die ruandische Schriftstellerin Scholastique Mukasonga die Versöhnungsarbeit in ihrem Heimatland gelobt. Sie sei heute stolz darauf, Ruanderin zu sein, sagte Mukasonga dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mukasonga hat selbst ihre Familie durch den Völkermord verloren, der am 7. April 1994 begann.
Stolz sei sie auch darauf, dass ihr Land wiederaufgebaut wurde, sagte die in der Normandie lebende Autorin. Die Presse habe diese „Wiedergeburt“ als „ruandisches Wunder“ bezeichnet. Das erste Wunder habe aber darin bestanden, dass der Völkermord an der ethnischen Gruppe der Tutsi beendet und innerhalb weniger Jahre Frieden und Sicherheit wiederhergestellt wurden, indem man sich auf eine von der Tradition inspirierte Justiz, die Gacaca, stützte, sagte die Autorin, die jüngst den Roman „Kibogos Himmelfahrt“ auf Deutsch veröffentlicht hat.
Diese traditionellen Gacaca-Gerichte hätten dem Volk eine Stimme gegeben – und zwar sowohl den Opfern als auch den Mördern. „Versöhnung ist nicht das Verschweigen des Völkermords, sondern das klare Bewusstsein, dass die Vergangenheit die Zukunft nicht belasten darf“, sagte sie.
Sie sei zwischen April und Juni 1994 während des Völkermords in Frankreich gewesen, sagte Mukasonga. Als der Genozid begann, habe sie bereits vermutet, dass es in ihrem Dorf Nyamata im Südosten des Landes keine Überlebenden geben würde, da dort nur Tutsi lebten. „Ein Brief, den ich Ende Juni 1994 erhielt, bestätigte meine Befürchtung: Er enthielt eine Liste mit 37 Namen meiner Familienmitglieder, die in Ruanda geblieben und getötet worden waren“, sagte sie.
In der Angst, die Erinnerungen an diese Menschen zu verlieren, habe sie ihre Namen und dann die aller Dorfbewohner in ein Schulheft geschrieben. „Um diese Namen herum sammelten sich lustige oder tragische Erinnerungen“, so Mukasonga. Daraus seien zwei Bücher entstanden, darunter „Die Frau auf bloßen Füßen“ als Hommage an ihre verstorbene Mutter. „Es sind Papiergräber, die ich für meine Angehörigen errichtet habe, die für immer unbestattet bleiben werden.“