Er war Abt, Hirte – und Krisenmanager: Nach 19 Jahren im Bischofsamt verlässt Gregor Maria Hanke den Eichstätter Bischofsstuhl. Sein Abschied bedeutet mehr als einen Verwaltungsakt.
Franz Maria Hanke war nicht nur einmal spät dran: Nach dem Theologiestudium wurde der Mittelfranke zunächst Religionslehrer. Dann trat er bei den Benediktinern in Plankstetten ein und nahm den Vornamen Gregor an; bei der Priesterweihe war er 29. Für seine 2004 vollendete Doktorarbeit ließ er sich zwölf Jahre Zeit. Und auch bei der Neuorganisation der Vermögensverwaltung im Bistum Eichstätt hätte er, wie er selber einräumt, früher durchgreifen müssen – manche forderten schon 2018 seinen Rücktritt. Nun ist er erfolgt – denn Hanke möchte zurück in die Seelsorge, wie es hieß.
Seine Vita besteht bislang aus zwei Teilen – mit der Bischofsweihe am 2. Dezember 2006 als Zäsur. Die machte den damals 52-Jährigen zum jüngsten Mitglied des deutschen Episkopats. Dafür musste der schlanke Vollbartträger sein erstes Leben, 25 Jahre in einem beschaulichen Kloster, hinter sich lassen – auch wenn er noch oft den schlichten schwarzen Habit trägt. 13 Jahre war er Abt in Plankstetten und forcierte die ökologische Umstellung zu einem Bio-Kloster mit bundesweiter Ausstrahlung.
Unter Hanke verfolgte das Bistum Eichstätt das Ziel, bis 2035 klimaneutral zu werden; 2013 startete eine umfassende Klimaoffensive. Zudem betonte Hanke, dass Klimaschutz und Armutsbekämpfung zusammengehören, und forderte eine neue Haltung des Miteinanders im Geist des Evangeliums. Er achtet auch persönlich auf umweltfreundliches Verhalten.
Doch das Bischofsamt war für Hanke alles andere als ein Traumjob. Schon kurz nach seiner Weihe war er zum ersten Mal als Krisenmanager gefragt. An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) suspendierte er 2008 den Rektor und ließ externe Prüfer die Verwaltungsakten unter die Lupe nehmen. Nicht ohne Grund: Als sich die Führungskrise an der KU auswuchs, sorgte er dafür, dass seine bayerischen Mitbrüder mit im Boot blieben und schließlich Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der Freisinger Bischofskonferenz die einzige katholische Universität im deutschen Sprachraum zur Chefsache machte.
Böse Überraschungen erlebte Hanke indes, als er sich der bistumsinternen Vermögensverwaltung zuwandte: Im Eichstätter Finanzskandal ermittelte die Staatsanwaltschaft. Auslöser war eine Transparenzoffensive Hankes. Der frühere stellvertretende Finanzdirektor des Bistums hatte demnach zusammen mit Projektentwicklern und einem Mittelsmann rund 60 Millionen US-Dollar in meist ungesicherte Darlehen in den USA investiert. Diese gingen an Projektgesellschaften in der US-Immobilien-Entwicklung.
Hanke hatte dies Anfang 2018 öffentlich gemacht, nachdem er im Vorjahr Anzeige erstattet hatte. Das Landgericht München 2 hat mittlerweile Anklage gegen den früheren stellvertretenden Finanzdirektor, den Mittelsmann und eine weitere Person erhoben, unter anderem wegen Untreue und Bestechlichkeit. Einen Verhandlungstermin gibt es bis heute nicht; Vorermittlungen gegen Bischof Hanke wurden im Juni 2020 eingestellt.
Doch Finanzen beschäftigten das Bistum weiterhin: 2023 lehnte der Diözesansteuerausschuss den vorgelegten Wirtschaftsplan ab. Daraufhin kündigte das Bistum an, seine fünf allgemeinbildenden Schulen und seine Kirchenzeitung aus Spargründen aufzugeben. Nach Kritik kam dann die Kehrtwende: Das Bistum behält die Trägerschaft für vier der Schulen doch. Im April 2025 hieß es, dass die letzte dieser Schulen, eine Mädchenrealschule in Abenberg, 2030 schließen werde. Doch ein damals verkündeter Aufnahmestopp ist mittlerweile wieder aufgehoben worden, die Zukunft der Einrichtung ungewiss. Die Kirchenzeitung erscheint seit 2024 in einer Kooperation mit anderen Bistümern.
Zuletzt sorgte die geplante Schließung der Dekanatsbüros und katholischen Jugendstellen im Bistum bis Ende 2026 für Kritik. Die Verwaltung solle zentralisiert und Doppelstrukturen abgebaut werden, hieß es im Februar. Die Jugendorganisation BDKJ im Bistum warf der Bistumsleitung daraufhin vor, vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein, ohne Raum für Diskussion. Kurz darauf äußerte sich auch das oberste Laiengremium im Bistum, der Diözesanrat der Katholiken, ähnlich. Zurückgenommen wurde die Entscheidung aber nicht, auch wenn Hanke und sein Stellvertreter, Generalvikar Michael Alberter, einräumten, dass sie verständen, dass viele sich überrumpelt fühlten.
Dem Reformprozess “Synodaler Weg” stand Hanke bis zuletzt kritisch gegenüber. Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Köln, Regensburg und Passau hatte er eine Teilnahme am Synodalen Ausschuss, der ein Gremium für die katholische Kirche in Deutschland vorbereiten sollte, abgelehnt. Die vier Bischöfe verwiesen mehrfach auf Kritik hochrangiger Vatikan-Vertreter an der Gründung eines Leitungsgremiums auf Bundesebene, in dem das gemeinsame Beraten und Entscheiden von Bischöfen und Laien verstetigt werden soll.
Trotzdem wollte Bischof Hanke in Eichstätt mehr Mitbestimmung ermöglichen. Zuletzt hieß es, das Bistum prüfe, ob Laien aus dem Diözesanrat auch im wichtigen Finanzausschuss mitentscheiden dürfen – ohne neue Gremien zu schaffen. Der Eichstätter Diözesanratsvorsitzende Christian Gärtner schlug in diesem Zuge das sogenannte Rottenburger Modell vor, bei dem Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat, Diözesanrat und Steuerausschuss zusammengelegt würden. Was nun aus diesen Prozessen wird, bleibt nach dem Rücktritt Hankes abzuwarten.