Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben hat am Mittwochabend mit einem großen Festakt sein 40-jähriges Bestehen gefeiert. In den 1980er Jahren sei hier „echte Pionierarbeit geleistet“ worden, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, laut Redemanuskript am Mittwochabend in der Synagoge Augsburg. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben sei einer der ersten Mosaiksteine gewesen, um eine Leerstelle zu füllen in der damaligen Bundesrepublik. Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war zum Festakt eingeladen.
„Jüdische Museen, jüdische Kultureinrichtungen, die den Blick auf jüdisches Leben weiten, weit über das Menschheitsverbrechen der Schoa hinaus. Kultureinrichtungen, die Halt geben, Orientierung bieten, die für Sichtbarkeit sorgen! Solche Einrichtungen gab es damals kaum“, sagte Schuster weiter. Am 1. September 1985 war das Museum in Augsburg eröffnet worden: Es war eines der ersten jüdischen Museen – und das erste eigenständige jüdische Museum in Deutschland. Das Jüdische Museum in Frankfurt, heute eines der bekanntesten seiner Art, eröffnete erst drei Jahre später im Jahr 1988.
Erinnerung sei hochaktuell, sagte Schuster mit Blick auf den wachsenden Antisemitismus in Deutschland und Europa. „Die Stimmen, die Juden aus der deutschen Gesellschaft herausdrängen wollen – und nicht mit Worten allein, sondern mit blutigen Taten – sind so laut geworden, wie wir es über Jahrzehnte niemals für möglich gehalten hätten.“ Schuster weiter: „Dieser schrillen Kakophonie müssen wir uns alle entgegenstellen, ob wir Juden sind, oder nicht. Wir müssen zusammen einstehen für die Selbstverständlichkeit jüdischen Lebens in Deutschland.“
Die Augsburger Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sagte laut Manuskript, gerade in der heutigen Zeit brauche man das Jüdische Museum mehr denn je – „als offenen Ort des Dialogs, als Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, als Vermittler jüdischen Lebens in all seiner Vielfalt“. Für viele Menschen sei das Museum das einzige Bindeglied zur jüdischen Kultur. Dass sich nach der Schoa wieder eine jüdische Gemeinde in Augsburg gegründet habe, sei alles andere selbstverständlich, sagte Weber weiter. „Dafür sind wir zutiefst dankbar.“
Die jüdische Geschichte Augsburgs reicht nach Stadtangaben mehr als 800 Jahre zurück. Spätestens Ende des 13. Jahrhundert gab es in Augsburg eine erste jüdische Gemeinde, die jedoch früh mit Degradierung, Ausgrenzung und Verfolgung zu kämpfen hatte. Durch den Vertreibungsbeschluss des Stadtrates von 1438 wurde die Gemeinde endgültig zerstört. Erst vier Jahrhunderte kehrten Jüdinnen und Juden wieder dauerhaft nach Augsburg zurück. Im 19. Jahrhundert erlebte das Judentum in Augsburg eine Blütezeit: Von 79 Mitglieder im Jahr 1840 wuchs die jüdische Gemeinde bis 1910 auf fast 1.200 Menschen an.
Während und nach der NS-Zeit brach die Zahl der Jüdinnen und Juden wieder ein. Infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion 1989/90 kamen Zehntausende Jüdinnen und Juden als Kontingentflüchtlinge nach Deutschland, auch nach Augsburg. Die meisten von ihnen seien entwurzelt und auf der Suche nach Halt gewesen, sagte Zentralratspräsident Schuster. „Sie mussten ihre Identität erst finden, nachdem ‘Jude’ oder ‘Jüdin’ zu sein in der Sowjetunion allzu oft eine Fremdzuschreibung war.“ Dass sie Wurzeln schlagen konnten, sei auch ein Verdienst von Einrichtungen wie dem Jüdischen Museum Augsburg Schwaben. (3374/29.10.2025)