Der neue anhaltische Kirchenpräsident Karsten Wolkenhauer hält an der Eigenständigkeit von Deutschlands kleinster evangelischer Landeskirche fest. „Ich habe große Zweifel daran, dass die Mitgliederzahl eine geeignete Steuerungskennzahl für Kirche ist“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er könne dieser Kennzahl nicht allzu viel entnehmen. Es bringe auch nichts, sich gegen sinkende Mitgliederzahlen zu stemmen.
Aktuell hat die Evangelische Landeskirche Anhalts noch rund 23.900 Mitglieder – die geringste Zahl aller Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Prognosen zufolge sollen es im Jahr 2035 nur noch gut 15.000 Mitglieder sein. Unter den verbleibenden Angehörigen ist zudem der Altersdurchschnitt sehr hoch.
„Natürlich ist damit auch der Verlust von Finanzmitteln verbunden“, betonte Wolkenhauer: „Für mich zählt aber vor allem, dass damit der Verlust von engagierten Menschen und von Möglichkeiten verbunden ist.“ Es komme stattdessen darauf an, überzeugende Arbeit mitten in der Gesellschaft zu leisten. „Ich finde, wir müssen vor allem hochwirksam in der Gesellschaft sein“, unterstrich der neue leitende Geistliche.
Wolkenhauer wurde Anfang Dezember als Nachfolger von Joachim Liebig zum neuen Kirchenpräsidenten der Evangelischen Landeskirche Anhalts gewählt. Am Samstag wurde er nach Abschluss der Frühjahrstagung des Kirchenparlaments, der Landessynode, in einem feierlichen Gottesdienst in Köthen in sein neues Amt eingeführt.
Der neue leitende Geistliche machte deutlich, dass sich die Kirchenmitglieder auf Einschränkungen von kirchlichen Angeboten einstellen müssten. „Wenn keine Menschen da sind, die diese Angebote betreuen, werden wir sie auf Dauer nicht aufrechterhalten können“, sagte Wolkenhauer. Auch die Zahl von aktuell 210 Kirchengebäuden könne man nicht aufrechterhalten. Hier müsse jedoch jeder Einzelfall geprüft werden. „Rasenmäherschnitte“ lehne er allerdings ab.
Besorgt zeigte sich der neue Kirchenpräsident auch über die Wahlerfolge der AfD in Sachsen-Anhalt. Sollten sich diese auch bei der Landtagswahl im kommenden Jahr wiederholen, werde das viele Menschen auf die Beine bringen, die ein anderes Verständnis von Demokratie und politischem Engagement hätten. „Wir Kirchen sind eine der gesellschaftlichen Kräfte, die in der großen Breite im Land aktiv sind“, unterstrich Wolkenhauer. Die Kirche müsse wieder zu dem öffentlichen Diskursraum werden, als der sie viele Jahre sehr gefragt gewesen sei.