Nach einer psychischen Erkrankung finden laut dem Paritätischen Wohlfahrtsverband in Niedersachsen viele Menschen nicht mehr auf den ersten Arbeitsmarkt zurück. „In den Werkstätten für behinderte Menschen, von denen viele Einrichtungen in ganz Niedersachsen Mitgliedsorganisationen im Paritätischen sind, nimmt die Beschäftigtenzahl der Menschen mit psychischen Behinderungen im Gegensatz zu anderen Behinderungen signifikant zu“, sagte die Verbandsvorsitzende Kerstin Tack am Mittwoch anlässlich des Welttags der psychischen Gesundheit (10. Oktober).
Dies sei alarmierend angesichts steigender Zahlen psychischer Erkrankungen, sagte Tack. Sie verwies auf den am Montag veröffentlichten „Gesundheitsatlas“ der Krankenkasse AOK, nach dem allein in Niedersachsen rund 860.000 Menschen wegen Depression in Behandlung sind. „In einigen Regionen des Landes entspricht das 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung“, sagte Tack. Die Versorgungslage der Betroffenen sei nach wie vor schlecht. „Vor allem in ländlichen Regionen fehlen niedergelassene Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, was zu extrem langen Wartezeiten führt.“
Der Welttag am Donnerstag und die anschließende „Aktionswoche der seelischen Gesundheit“ stehen unter dem Motto „Hand in Hand für seelische Gesundheit am Arbeitsplatz“. Auch die Ärztekammer Niedersachsen warb für einen offenen und diskriminierungsfreien Umgang am Arbeitsplatz. Es sei wichtig, Menschen mit psychischen Erkrankungen mit Verständnis für ihre individuelle Situation zu begegnen, sagte der psychiatrische Facharzt Hans Martin Wollenberg vom Landesvorstand der Kammer.
Die Fehltage durch psychische Erkrankungen haben nach Angaben der Ärztekammer in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 50 Prozent zugenommen. Wollenberg betonte: „Gute Arbeit kann die seelische Gesundheit fördern, dies ist hinlänglich erwiesen.“ Ebenso könne Arbeit aber auch krank machen. „Beispielsweise, wenn die Arbeitslast zu hoch ist, wenn Anerkennung und Belohnungen ausbleiben, wenn Ungerechtigkeiten vorherrschen oder kaum eigene Gestaltungsspielräume bestehen.“
Der Welttag für psychische Gesundheit wird seit 1992 jedes Jahr am 10. Oktober mit wechselnden Themenschwerpunkten begangen. Er wurde von der „World Federation for Mental Health“ initiiert und wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO unterstützt.