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Wissenschaftler: Mit kleinen Übungen Gedächtnis trainieren

Kleine tägliche Übungen helfen, das Gedächtnis zu trainieren, sagt der Neurowissenschaftler Konrad. Er verrät zugleich eine Technik, die ihm Erfolg beschert hat.

Der mehrfache Weltrekordhalter und Weltmeister im Gedächtnissport, Boris Nikolai Konrad (40), ermuntert zum regelmäßigen Gedächtnistraining. Auch die derzeit im Fernsehen übertragenen Fußballspiele der Europameisterschaft könne man dazu nutzen, sagte er in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

“Fit bleiben sollten wir nicht nur körperlich. Wer Gedächtnistechniken übt, erweitertet seinen gedanklichen Methodenkoffer”, sagte Konrad, der auch als Neurowissenschaftler die Gedächtnisleistungen des Gehirns erforscht. Leistungen wie das Merken von Namen, das freie Präsentieren oder das Behalten von Inhalten aus Meetings würden durch regelmäßiges Training einfacher. “Das führt dann langfristig auch zu mehr Ideen, mehr Verständnis und mehr Selbstvertrauen. Wer sein Gedächtnis trainiert, verbessert die eigenen Chancen, auch im hohen Alter ein gesundes Gedächtnis zu haben.”

Auf die Frage, ob er die Lernerfolge beziffern könne, sagte der 40-Jährige: “Jeder kann trainieren, das eigene Gedächtnis enorm zu verbessern, gerade beim Merken von Namen.” Innerhalb von sechs Wochen, bei 20 Minuten Training am Tag, hätten Studienteilnehmer im Schnitt ihre Leistung verdreifacht. Konrad empfahl auch kleine Übungen, die jeder in seinen Alltag einbauen könne. “Man kann sich selbst kleine Herausforderungen stellen, also zum Beispiel mal beim Lesen einer Zeitung oder eines Magazins die Namen der interviewten oder vorgestellten Personen lernen. Oder sich beim Lesen Bilder vorstellen, egal ob es E-Mail oder Bücher sind.”

Der Neurowissenschaftler betonte, das menschliche Gehirn sei evolutionär nicht dafür gemacht, sich Zahlen oder Einkaufszettel zu merken. “Es ging darum, das Überleben zu sichern und neue Erlebnisse mit alten Erfahrungen abzugleichen. Ist das Tier, das da auf mich zukommt, gefährlich oder harmlos? Deshalb merken wir uns Bilder und Emotionen besser.” Wer heutzutage Zahlen, Termine oder Namen behalten wolle, könne diese abstrakten Informationen mit Emotionen und kleinen Geschichten verknüpfen. “Wenn Sie den Namen des Torwarts der ungarischen Nationalmannschaft, Peter Gulacsi, behalten wollen, sollten Sie ihn sich mit einer Schüssel Gulasch in den Händen vorstellen.”

Wer sich die Namen eines ganzen Fußballteams, mehrere Namen auf einer Party oder einen längeren Einkaufszettel merken will, dem empfahl der Gedächtnisweltmeister die sogenannte Routenmethode: “Als Grundlage lege ich gedanklich einen Weg mit festen Punkten fest – etwa durch meine Lieblingsurlaubsziele oder einfach durch meine Wohnung. Zum Beispiel in der Küche: Kühlschrank, Ofen, Kaffeemaschine, Spüle, Mikrowelle. Möchte ich mir nun Tomaten, Bananen, Radieschen, Gurken und Seife für den Einkaufszettel merken, stelle ich mir lustige, absurde oder merkwürdige Bilder vor: Am Kühlschrank hängen vermatschte Tomaten, im Ofen stinken die verbrannten Bananen, ein Scherzkeks hat Radieschen statt Kaffeebohnen in die Maschine getan, lustige Gurken tanzen in der Spüle, und in der Mikrowelle schäumt ein Stück Seife.”