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Wirtschaftsethiker: Anlegen in Rüstungsindustrie ethisch vertretbar

Seit Beginn des Ukraine-Krieges boomen Rüstungsaktien – Tendenz steigend. So mancher überlegt, zu investieren, hat aber ein ungutes Gefühl dabei. Ein Wirtschaftsethiker erklärt, worauf man bei seiner Entscheidung achten sollte.

Mulmiges Gefühl beim privaten Investment in Rüstungsaktien? Nach Einschätzung eines Wirtschaftsethikers ist das verständlich, kann jedoch trotz dieser Bedenken eine moralisch richtige Entscheidung für Anleger sein. “Es kommt darauf an, aus welchen Gründen man sich für so etwas entscheidet”, sagte Nils Goldschmidt, Direktor des Weltethos-Instituts in Tübingen, am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Dann ist es bis zu einem gewissen Grad legitim.”

Gefühlsmäßig sei “es für viele dennoch das Unethischste, was man eigentlich machen kann, aus der Tradition heraus und mit Blick auf die vergangenen Jahre”, so der Wirtschaftsprofessor. Deshalb solle sich der private Anleger auf den Prüfstand stellen und genau reflektieren, warum er gerade jetzt in Rüstungsindustrie investieren wolle.

“Liegt es daran, dass ich möglichst hohe Gewinne erzielen will?”, so Goldschmidt mit Blick auf den derzeitigen Boom von Rüstungsaktien. “Oder geht es mir darum, die Rüstungsindustrie zu stützen, um den Frieden zu sichern?” Dies sei dann eine private Investition, die genau aus den gleichen Gründen getätigt werde wie die von der Bundesregierung beschlossene militärische Aufrüstung zur Abschreckung von Aggressoren – und damit absolut legitim.

“Ich kann aber auch zu dem Schluss kommen, dass ich diese Politik der Bundesregierung zwar mit meinen Steuergeldern unterstütze, aber trotzdem persönlich mein Geld in neutralere Bereiche investieren will”, so der Ethiker. Dies sei etwa mit der Verweigerung des Wehrdienstes vergleichbar. Auch ein Zivildienstleistender könne durchaus die Notwendigkeit der Landesverteidigung sehen. “Aber er möchte nicht Teil dessen sein.”

Auf “dünnes Eis” begibt sich Goldschmidt zufolge dagegen, wer glaubt, der Zweck heile die Mittel: “Ein unethischer Gewinn wird nicht dadurch geheilt oder legitimiert, dass ich ihn gut verwende und etwa in Spenden für soziale Einrichtungen oder Entwicklungshilfe investiere.”

Bemühungen der Rüstungsindustrie, in die Gruppe von nachhaltigen Investments aufgenommen zu werden, lehnte der Theologe und Volkswirt, der Professor für Kontextuale Ökonomik an der Uni Siegen ist, ab. “Es gibt momentan gute Gründe, in Rüstungsindustrie zu investieren, aber wenn wir das dann auch als nachhaltig oder ethisch wünschenswert bezeichnen würden, weichen wir diese Begrifflichkeiten auf”, warnte Goldschmidt.

Nachhaltiges Investment bedeute, sich die Interessen des anderen zu eigen zu machen: “Also wirklich in Dinge investieren, die darauf abzielen, die Gesellschaft beispielsweise im Sinne einer ökologischen Transformation zu verändern oder die etwa auf Generationengerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt ausgerichtet sind”, so der Ethiker.