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Andacht über den Predigttext zum 12. Sonntag nach Trinitatis: Apostelgeschichte 3, 1-10

Predigttext
1 Einmal gingen Petrus und Johannes in den Tempel. Es war drei Uhr, die Zeit für das Nachmittagsgebet. 2 Am Schönen Tor des Tempelvorhofs saß ein Mann, der von Geburt an gelähmt war. Jeden Tag ließ er sich dorthin tragen und bettelte die Leute an, die in den Tempel gingen. 3 Als er Petrus und Johannes sah, wie sie gerade durch das Tor gehen wollten, bat er sie um eine Gabe. 4 Die beiden blickten ihn fest an und Petrus sagte: „Sieh uns an!“ 5 Der Gelähmte tat es und erwartete, dass sie ihm etwas geben würden. 6 Aber Petrus sagte: „Gold und Silber habe ich nicht; doch was ich habe, will ich dir geben. Im Namen von Jesus Christus aus Nazaret: Steh auf und geh umher!“ 7 Und er fasste den Gelähmten bei der rechten Hand und half ihm auf. Im gleichen Augenblick erstarkten seine Füße und Knöchel; 8 mit einem Sprung war er auf den Beinen und ging umher. Er folgte Petrus und Johannes in den Vorhof des Tempels, lief umher, sprang vor Freude und dankte Gott mit lauter Stimme. 9 Das ganze Volk dort sah, wie er umherging und Gott dankte. 10 Sie erkannten in ihm den Bettler, der sonst immer am Schönen Tor gesessen hatte. Und sie staunten und waren ganz außer sich über das, was mit ihm geschehen war. (Übersetzung: Gute Nachricht)

Solange ich denken kann, heißt es: „Die Kirche muss sparen und für Jugendarbeit ist einfach nicht genug Geld da“. Tja, was soll man da machen?
Insgesamt scheint unsere Kirche auf dem absteigenden Ast zu sein. So fühlt es sich jedenfalls gelegentlich an. Es kommen immer weniger Leute, Stellen können nicht besetzt, Kirchengebäude müssen verkauft werden und bittere Prognosen für die Zukunft werden ausgegeben.
Auf Dauer ist es gar nicht so einfach, das Fähnchen immer hoch zu halten, aktiv, kreativ und einladend zu sein, wenn um einen herum die Abrissbirne kreist. Im Gegenteil: Es demotiviert und lähmt. Dennoch: Man gewöhnt sich dran, arrangiert sich, ist bescheiden und richtet sich irgendwie ein.
Der Mann im Predigttext fühlt sich nicht nur gelähmt, er ist gelähmt. Aber auch er hat sich mit der Situation arrangiert, sich eingerichtet mit seinen Einschränkungen. Was bleibt ihm sonst für eine Wahl.
Er bittet Besucher des Tempels um eine Gabe. An dem Tag erwischt er ausgerechnet Johannes und Petrus, der zu ihm sagt: „Sieh uns an!“. Dies tut er, denn wenn man etwas haben will, ist es gut, dem Geber in seinen Wünschen entgegenzukommen. Wie uns das moderne Fundraising lehrt – aber schon die Bettler von damals wussten: Jeder Spender will in seinem Wesen wahrgenommen werden. Und nun erwartet er, dass er auch etwas bekommt.
Doch das, was er bekommt, ist ganz anders, als er es erwartet hat. Nix ist mit Geld und Silber. Im Namen von Jesus Christus soll er aufstehen und umher gehen? Absurd! denke ich, aber der Gelähmte lässt sich darauf ein. Er bringt Petrus ein großes Vertrauen entgegen, denn er lässt sich von ihm aufhelfen und kommt tatsächlich in Bewegung. Wenn er nicht wollte, könnte Petrus an ihm rumziehen wie an einem nassen Sack. Nichts würde passieren. Aber er will, und er vertraut darauf, dass etwas Gutes dabei rauskommt. Ganz anders als gedacht, aber echt gut. Zwei Gedanken dazu:
1. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Eine Kollegin hat neulich eine Studie zum Ehrenamt vorgestellt. Ein Aspekt daraus war die Frage, warum die Befragten sich engagieren. Neben vielen anderen guten Gründen war mit etwa 60 Prozent die Antwort dabei: Weil ich gefragt wurde. Knaller! Einfach nur, weil sie jemand gefragt hat! O.K., also einfach öfter mal fragen. Und, hier schließt sich der Kreis zum Predigttext, hätte der Gelähmte nicht um eine Gabe gebeten, wäre die ganze Heilung schlicht ausgefallen. So einfach ist das! Wer nicht fragt, der nicht gewinnt.
2. Man muss schon auch wollen.
Wenn wir Menschen einladen, in unserer Kirche aktiv zu werden, vertrauen wir dann darauf, dass daraus etwas echt Gutes wird? Lassen wir uns auf ihre Ideen, Träume und Vorschläge ein? Wollen wir das wirklich – auch wenn es ganz anders wird als von uns ursprünglich gedacht? Sind wir offen dafür, dass uns jemand in Bewegung bringt? Oder haben wir uns schon so sehr an die Limitierung gewöhnt, dass wir gar nicht mehr die Vision von einer lebendigen Kirche im Kopf und im Herzen haben?
Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir wie das Volk staunen und ganz außer uns sein werden, wenn uns etwas Unerwartetes geschenkt wird. Etwas, was wir vielleicht nicht erwartet haben, aber etwas echt Gutes. Und zwar staunen und außer sich sein im besten positiven Sinne – nämlich vor Freude und Hoffnung auf viel Bewegung. Denn Wunder gibt es. Immer wieder.