Ein Auslandsjahr veränderte alles: In Würzburg entdeckte Josef Grünwidl seine Berufung als Priester – heute steht er an der Spitze der Erzdiözese Wien. Im Gespräch blickt er auf seine Zweifel und “Ja” zum Bischofsamt.
Der neu ernannte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl verdankt seine Berufung auch einem Jahr in Deutschland. Wie Josef Grünwidl in seinem ersten Interview mit der österreichischen Kirchenzeitung “Der Sonntag” sagte, ist seine Entscheidung für den Priesterberuf während seines Auslandsjahrs in Würzburg gefallen.
Seine Berufung sei in ihm gewachsen, erinnert sich Grünwidl. Schon als Ministrant in seiner Heimatgemeinde hätten ihn die Liturgie und die Kirchenmusik fasziniert. Doch habe sich seine eigentliche Berufung erst während des Theologiestudiums entwickelt: Im Auslandsjahr in Würzburg habe er in einer Pfarrei mitgearbeitet. “Da habe ich gesagt: ‘Das ist meine Berufung: Ich möchte in der Kirche für die Menschen und für Christus arbeiten.'”
Zurück aus Würzburg wurde er gefragt, ob er Zeremoniar von Weihbischof Krätzl (1931-2023) werden wolle. Das habe ihn erneut bestärkt: “Ich war dann zwei Jahre mit ihm unterwegs, auch bei vielen Pfarrbesuchen, und habe auch sehr viele Kontakte mit Pfarrgemeinden und Menschen gehabt – und da ist noch einmal klarer geworden: Das ist mein Weg, als Priester bei den Menschen zu sein und Kirche zu leben.”
Grünwidl wünscht sich, auch als Bischof Seelsorger bleiben zu können und nah bei den Menschen zu sein. “Ich hoffe, dass ich als Bischof hier der Erzdiözese Wien nicht im Management und in reinen Verwaltungsaufgaben aufgehe.” Der Theologe, der sich zunächst nicht hatte vorstellen können, das Amt des Erzbischofs von Wien zu übernehmen, erklärte seinen Sinneswandel: Zunächst habe er “aus großem Respekt vor diesem hohen Amt und auch vor den großen Herausforderungen” abgelehnt.
In den vergangenen Monaten habe er als Administrator aber erfahren, dass sich sehr viele Menschen wünschten, dass er diese Aufgabe übernehmen solle. Dann habe der Apostolische Nuntius gesagt: “Überlegen Sie doch: Wenn sich das so viele und auch der Papst wünschen – warum sagen Sie ‘Nein’?” Er habe gelernt: “Gott braucht mich nicht perfekt, sondern verfügbar.” Jetzt könne er “aus vollem Herzen ‘Ja'” zu seiner neuen Aufgabe sagen.
Bald werde er nach Rom reisen, um Papst Leo XIV. persönlich kennenzulernen, sagte Grünwidl. Als Kardinal Robert Prevost im November 2024 seinen Vorgänger, Kardinal Schönborn, besucht habe, habe er den heutigen Papst Leo einmal kurz gesehen. “Aber ich kann nicht sagen, dass wir uns persönlich kennen”, so der neu ernannte Erzbischof.