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Wenn Löwen brüllen

Der Gefahr begegnen. Gedanken zum Predigttext am 15. Sonntag nach TrinitatisVon Franziska Roeber, Pfarrerin in Forst-Noßdorf

Predigttext am 15. Sonntag nach Trinitatis: 1. Petrus 5,5c–115c Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. 7 Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. 8 Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. 9 Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen. 10 Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. 11 Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

VonFranziska Roeber

Es kann Angst machen, das Geschrei, das nunmehr täglich von den Nachrichten an unser Ohr dringt, sei es von den Bedrängten in Aleppo, sei es von den Hungernden in Nigeria oder von den Verzweifelten in den vielen Flüchtlingslagern. So manch einer würde da gerne Ohren und Herz verschließen und resigniert die Schultern zucken oder mit demütig-gebeugtem Oberkörper auf eine Welt jenseits aller Grenzen warten. Doch es ist eine andere Demut, zu der der Autor des ersten Petrusbriefes aufruft, eine Demut, die wachsam ist und teilnahmsvoll.Der hier geschilderte Demütige steht nicht gebeugt, sondern aufrecht und blickt, wenngleich nicht von Furcht befreit, so doch ermutigt auf die Herausforderungen der eigenen Zeit. Er weiß, dass Löwen vornehmlich brüllen, um im Gehege Panik zu verursachen und den Einzelnen zum Ausbrechen zu verleiten. Dieser Demütige weiß, dass, wenn seine Sorgen ihn übermannen, er sie abwerfen, aus der schützenden Distanz betrachten und angehen kann. Und er weiß, dass er die drohende Gefahr nicht besiegen braucht. Es reicht, ihr entgegenzutreten im Vertrauen auf den, dessen Hand mächtig und zugleich gnadenvoll über ihm ist.

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