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Weimer: Ausschluss von Ruhs verstärkt Eindruck von Einseitigkeit

Nach der Debatte um die NDR-Journalistin Julia Ruhs sieht der Kulturstaatsminister Reformbedarf bei den Öffentlich-Rechtlichen: Weite Teile der Bevölkerung hätten den Eindruck politisch einseitiger Berichterstattung.

 Kulturstaatsminister Wolfram Weimer fordert mehr Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Debatte um die NDR-Journalistin Julia Ruhs verstärke den Eindruck von Einseitigkeit, sagte Weimer im Interview mit WELT TV. In weiten Teilen der Bevölkerung, insbesondere unter Ostdeutschen, gebe es zuletzt “den Eindruck, dass die öffentlich-rechtlichen Sender politisch einseitig berichten”.

Dies sei ein Problem, weil die Öffentlich-Rechtlichen von großer Akzeptanz lebten, so der Kulturstaatsminister. Die Rundfunkbeiträge von 8,7 Milliarden Euro habe jede deutsche Familie mitzubezahlen. Daher stünden die Sender in der Pflicht, auch Meinungsvielfalt abzubilden und “ein möglichst breites Spektrum entstehen zu lassen”. Wenn das nicht der Fall sei oder viele Menschen den Eindruck hätten, leide die Integrität der Sender, sagte Weimer.

Der Minister betonte, er befürworte den schon angestoßenen Reformprozess des öffentlich-rechtlichen Rundfunks; der neue Medienstaatsvertrag gehe in die richtige Richtung. Doppelsender würden gestrafft; es gebe endlich mehr Kooperation untereinander und mehr Digitalisierung. Das seien jedoch nur erste Schritte, so Weimer. So wünsche er sich etwa, dass die Öffentlich-Rechtlichen “aktiver, offensiver und beherzter” mit privaten Verlagen und auch mit privaten Sendern kooperierten.

Die Sender NDR und der BR, die gemeinsam das neue ARD-Reportageformat “Klar” produzieren, hatten am Mittwoch mitgeteilt, dass das Format zwar nach den ersten drei Pilotfolgen fortgesetzt wird. Die Moderatorin, Julia Ruhs, soll allerdings nur noch bei den vom BR verantworteten Sendungen eingesetzt werden.

Ruhs war nach den ersten drei Ausgaben, die sich mit den Themen Migration, gesellschaftliche Spaltung durch die Corona-Pandemie und “Frust der Bauern” beschäftigten, öffentlich breit kritisiert worden. Die Sendungen seien politisch zu einseitig, zum Teil unjournalistisch und bedienten so rechtspopulistische Trends, lautete der Tenor. Die “Welt” berichtete, mehr als 250 NDR-Mitarbeitende hätten sich in einem Offenen Brief von “Klar” distanziert.

Ruhs selbst warf dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) Intrigen vor, die zu ihrer Ablösung geführt hätten. “Ich glaube, für den NDR bin ich zu rechts. Für den Bayerischen Rundfunk nicht, die stehen hinter mir”, sagte sie im Podcast “Table Today” von Table Media (Donnerstag). Offenbar halte der NDR “weniger Meinungsvielfalt aus als der BR”.

Die NDR-Entscheidung wurde auch aus der Politik kritisiert. Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) nannte das Vorgehen ein “extrem schlechtes Signal”. Sein bayerischer Amtskollege Markus Söder (CSU) postete bei X, die Entscheidung sei “kein gutes Signal für die Meinungsfreiheit und Toleranz im öffentlich-rechtlichen NDR”. Der Sender selbst erklärte auf Anfrage, dem NDR sei “Perspektivenvielfalt im Programm wichtig”.