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Was wir vom Kirchentag lernen können

UK 26/2015, Kirchentag (Berichterstattung auf mehreren Seiten)
Ich weiß nicht, ob es zum erstenmal so war, aber es hat mir gefallen: Man nehme das Brot und tauche es in den Kelch, so hieß es. So einfach, so hygienisch, so gut. Ich beobachte es doch an mir und anderen, wie es ist, wenn der oder die eine den Kelch nimmt, aus ihm trinkt und an den Nächsten weiterreicht, der – wie die meisten anderen – die Intinctio (also das Eintauchen) pflegt. Ich frage mich auch, warum wohl etliche, sogar treue Mitchristen, sich selbst von der Feier ausschließen und sitzen bleiben. Sind die schon mal gefragt worden?
Am Beispiel: Es geschah vor noch nicht langer Zeit in westfälischen Landen, dass eine Kleinfamilie sich in den Abendmahlskreis begab, zufällig als erste. Dann aber: Jemand kommt und zwängt sich mit den Worten „hier stehe ich immer“ an den Rand. Und nimmt den Kelch und trinkt aus ihm. Keine Unterstellung, sondern eine Vermutung, dass sie solches an vierter Stelle stehend nicht gemacht hätte.
Ein weites Feld mit allerlei Diskussionsstoff. Richtig hellhörig aber wurde ich, als mir vor Kurzem eine gestandene Pfarrfrau ihre Methode offenbarte. Weil dem so sei – dass immer einige dabei sind, die aus dem Kelch trinken –, habe sie es sich angewöhnt, sich mit der Gabe des Brotes zu begnügen. Sie halte, beim Hinhalten des Kelchs, die Oblate einfach über dem Wein, sie tauche sie noch nicht einmal ein – aus Gründen der Hygiene. Ob das denn trotzdem eine gültige Teilnahme sei, wollte sie von mir wissen.
Worum ich nun dringend bitte, ist, dass man mich nicht für übergeschnappt halten möge oder für hygienebesessen. Wahr ist aber auch, dass ich bereits in den 60er Jahren in der Gemeinde, in der ich damals Dienst tat, auf Einzelkelche umgestiegen bin. Formschöne Kelche übrigens. Sie tun noch heute ihren Dienst. Ergebnis damals: Die Teilnehmerzahl stieg schlagartig. Eine Barriere war überwunden, die Hygienebarriere.  – Wie gesagt, vom Kirchentag kann man lernen, sofern man lernfähig geblieben ist.

Günter Apsel, Orlando, Florida