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Was am Ende wirklich zählt

Es war immer eine schwierige Beziehung. Vater und Tochter gerieten sich oft in die Haare. Die Tochter hatte immer das Gefühl, sie könne es ihrem Vater nicht recht machen. Der wiederum warf ihr vor, ihr wäre alles andere wichtiger als die eigene Familie. Im Laufe der Jahre wurden die lauten Auseinandersetzungen weniger, aber die Beziehung nicht besser. Besuchte sie ihre Eltern, herrschte meist eine angespannte Atmosphäre.
Im Alter von 80 Jahren erkrankte der Vater. Plötzlich war klar: Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um Frieden zu schließen. Die Tochter sehnte sich nach Aussöhnung. Aber wie? Sie betete und suchte sich professionelle Hilfe. Dadurch gelang es ihr, sich mehr in ihren Vater hineinzuversetzen. Sie verstand, welches „Päckchen“ er mit sich herumtrug, sah seine Verletzlichkeit.
Es gab kein klärendes Gespräch. Aber sie konnte ihm anders begegnen. Verständnisvoller. Liebevoller. Das bemerkte der Vater schnell. Er reagierte auf seine Tochter ganz anders. Die beiden hatte friedvolle Wochen bis zu seinem Tod. Sie konnten einander sogar in den Arm nehmen, was früher nicht denkbar war.

Der Ewigkeitssonntag ist eine gute Gelegenheit, sich darauf zu besinnen, was wirklich wichtig ist im Leben: etwa Frieden zu schließen mit den Menschen, die einem wichtig sind. Das mag nicht immer möglich sein. Aber es ist einen Versuch wert – oft geht mehr, als man denkt.
Die Frau wird diesen Sonntag wohl wieder mit ihrer Mutter das Grab des Vaters besuchen. Wie in jedem Jahr seit seinem Tod. Dabei ist sie aber nicht nur traurig. Vielmehr überwiegt die tiefe Dankbarkeit, dass sie noch zueinander fanden.