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Warum viele Katholiken in Deutschland kaum mitbestimmen dürfen

120 Nationen, eine Stimme: Valentina Sudić ist gefordert. Muttersprachliche Gemeinden fühlen sich in synodalen Kirchengremien unterrepräsentiert. Welche konkreten Reformen sich die Theologin wünscht.

Mehr Mitsprachemöglichkeiten für Christen anderer Muttersprachen wünscht sich Valentina Sudić. Die kroatischstämmige Theologin repräsentiert im Synodalen Ausschuss, einem Gremium des deutschen Kirchen-Reformprojekts Synodaler Weg, 120 Nationalitäten. Dem kirchlichen Internetportal katholisch.de sagte Sudić am Mittwoch, sie wünsche sich Unterstützung und mehr Repräsentanz.

“Es ist für mich auch eine große Herausforderung, weil ich allein über 120 Nationalitäten vertreten soll, die von unterschiedlichen Kontinenten kommen und ganz unterschiedliche Kulturen haben. Deshalb sind wir als muttersprachliche Gemeinden in diesen synodalen Gremien zu wenig präsent und müssten mehr Plätze und Stimmen bekommen”, erklärte die Theologin. Mehr als 16 Prozent der Katholiken in Deutschland haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.

Sudić sagte, die Texte des Synodalen Weges seien nicht leicht zu übersetzen, “weil man immer eine große Fußnote mit Erklärungen schreiben müsste, welchen Hintergrund diese Entwicklungen in der Kirche in Deutschland haben”. So bräuchte es ihrer Meinung nach gerade bei den Grundtexten jemanden, der sie interpretiert. Bei vielen Gläubigen anderer Muttersprache bleibe deshalb eine Unsicherheit zurück und das bedeute: “Wenn sie sich unsicher sind, dann hört man auf das, was der Bischof der Kirche im Heimatland oder was Rom sagt. Diese Meinung wird dann übernommen.”

Muttersprachliche Gemeinden können laut Sudić eine Brücke zwischen der Kirche in Deutschland und der Weltkirche schlagen. “Dafür können wir Botschafterinnen und Botschafter sein.” Größere Repräsentanz muttersprachlicher Gemeinden in synodalen Prozessen sei so wichtig, “weil die Prozesse sich dadurch auch weltweit verbreiten”.

Auch in synodalen Gremien auf Bistumsebene sind muttersprachliche Gemeinden laut der Theologin unterrepräsentiert: “Nur in drei der 27 Bistümer in Deutschland können Mitglieder muttersprachlicher Gemeinden auch Teil der synodalen Gremien auf Bistumsebene sein, erklärte sie. Dabei spielten Laiinnen und Laien in den muttersprachlichen Gemeinden eine sehr große Rolle, weil es dort nur wenige hauptamtliche Mitarbeitende und viel ehrenamtliches Engagement gebe.

Und auch auf lokaler Ebene sieht Sudić Reformbedarf im Zusammenleben von Ortsgemeinde und muttersprachlichen Gemeinden: “Es braucht neue, gemeinsame Konzepte, bei denen nicht die Traditionen der einen Gemeinde der anderen übergestülpt werden. Warum können im Sonntagsgottesdienst der Gemeinde nicht eine Lesung in einer anderen Sprache als Deutsch vorgetragen und gemeinsam Lieder in den unterschiedlichen Muttersprachen gesungen werden?” Das wäre laut Sudić eine Bereicherung für alle.