Das ist ernüchternd: Ja, Luther hatte Phasen in seinem Leben, in denen er ziemlich abergläubisch war. „Aber – er war‘s mit schlechtem Gewissen und manchmal sogar selbst-ironisch“, schreibt Andreas Malessa in seinem kurzweiligen Buch „Hier stehe ich, es war ganz anders. Irrtümer über Luther“ (Holzgerlingen 2015). Doch der Reformator war damit nur Kind seiner Zeit. Die Welt war für mittelalterliche Menschen voller Geheimnisse und bedrohlicher Rätsel. Engel, Teufel, Hexen, Trolle und Untote bevölkerten die Natur. Mit allerlei Zaubersprüchen, Amuletten und Kräutlein versuchte man, sich die magische Welt gefällig zu stimmen.
Den Aberglauben saugt Martin quasi mit der Muttermilch ein: Als seine Mutter vom Tod einer „Hexe“ aus dem Ort erfährt, sagt sie: Nun habe der Satan eine der Seinen geholt. Selbst 23 Jahre nach der Refomation ist Wittenberg längst nicht „aufgeklärt“. Am 29. Juni 1540 wird Prista Frühbottin dort als Hexe verbrannt. Luther berichtet in einer Tischrede von einem Poltergeist-Erlebnis während seiner Zeit auf der Wartburg.
Doch in den späten 20er Jahren des 16. Jahrhunderts verändert sich Luthers Einstellung, wiederum am Wort Gottes geschärft. „Aber ich kümmere mich nicht um Träume und Vorzeichen. Ich habe Gottes Wort. Daran lasse ich mir genügen“, sagt er. Die Rolle der Gestirne deutet er so: „Über Tag und Nacht sollen sie regieren, aber über meine Seele sollen sie kein Regiment noch Gewalt haben.“
Als sein Freund Philipp Melanchthon sich einmal weigert, mit Luther über eine Holzbrücke der Elbe zu gehen, weil sein Horoskop es ihm verbietet, kehren sie in ein Wirtshaus ein. Später erinnert sich Luther: „Der Philipp Melanchthon schaut in die Sterne, ich auf den Grund meines Kännlein Bieres. Das Ergebnis ist das Gleiche. Du willst nicht nach Hause, weil du Angst vor dem Wasser hast – und ich, weil ich noch was trinken will.“ hama
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War Luther abergläubisch?
Mit der Prüfung am Wort Gottes verliert der Aberglaube für Luther seine Macht
