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Vorsicht vor den Tücken von Gesundheitsportalen

Wer hat das nicht schon gemacht: Bei Gesundheitsproblemen ist die Versuchung groß, sich mal flugs Rat im Internet zu holen. Schnell bei Google die Symptome eingegeben, und sofort erscheint eine schier unendlich lange Liste von Websites, die Rat und Auskunft geben. Doch ist es tatsächlich ratsam, sich allein auf Informationen aus dem Netz zu verlassen?
Im Jahr 2013 gab es nach Angaben von Google Deutschland fünf Milliarden Suchen zu Gesundheitsthemen. 74 Prozent der Internetnutzer suchen online Rat in medizinischen Fragen, und zwar am allerliebsten bei Wikipedia (55 Prozent). Die meistgesuchte Krankheit ist dabei mit durchschnittlich fast 300 000 Suchanfragen im Monat die Schilddrüsenvergrößerung, gefolgt von Diabetes und Hämorrhoiden.
Der Frage, wie verlässlich Gesundheitsportale sind, haben sich bereits mehrere Studien gewidmet. Und alle kommen zu eher ernüchternden Schlüssen. Bei einer groß angelegten Studie der Central-Versicherung etwa, schnitten 2015 rund 30 Prozent der untersuchten Websites mit „mangelhaft“ oder sogar „ungenügend“ ab. „Die meisten Angebote sind unvollständig, fehlerhaft und lassen den Suchenden ohne jegliche Einordnung zurück“, kritisiert Markus Homann vom Gesundheitsmanagement der Versicherung.
Die Verbraucherzentrale NRW warnt davor, sich ausschließlich auf Internet-Tipps zu verlassen: „Das Internet bietet eine Vielzahl von Angeboten im Gesundheitsbereich. Der Verbraucher hat jedoch wenig Anhaltspunkte, wie verlässlich und wie vollständig die Informationen sind“, sagt Gesundheitsexpertin Gretje Stelzenmüller.Die Verbraucherzentrale, die zehn Gesundheitsportale näher untersuchte, kam zu dem Schluss, dass es bei den meisten Portalen keine vollständige Krankheitsaufklärung gab, sondern Krankheiten verkürzt und daher oft irreführend dargestellt wurden. Bei Medikamenten seien oft keine Neben- oder Wechselwirkungen mit anderen Präparaten genannt.
Zudem sei oft nur schwer zu erkennen, von wem die Informationen stammten und ob damit wirtschaftliche Interessen verknüpft seien, sagt sie. So werben etwa die Pharmaindustrie oder niedergelassene Ärzte auf zahlreichen Websites für ihre Produkte oder Dienstleistungen. Für den kritischen Umgang mit Gesundheitsportalen hat die Verbraucherzentrale eine Checkliste erstellt, die im Internet unter www.vz-nrw.de/gesundheitsforen abgerufen werden kann.
Auch in Bezug auf ihre Tauglichkeit zur Ferndiagnose schneiden Gesundheitsportale nur mäßig ab: Bei einer vom British Medical Journal im Vorjahr veröffentlichten Studie, für die 23 internationale Gesundheitsportale getestet wurden, war die Diagnose nur bei einem Drittel aller Anfragen richtig. „Ein Gesundheitsportal ist kein Ersatz für den Arztbesuch“, warnt Gerd Hasenfuß, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. Er rät dringend davon ab, in einem Portal Symptome einzugeben und dann der Diagnose zu vertrauen: „Da besteht ein hohes Risiko, dass die falsche Diagnose gestellt wird.“
Etwas ganz anderes sei es, wenn der Patient sich nach der Diagnosestellung durch einen Arzt im Internet darüber weiter informiere. „Ich finde es sehr angenehm, einen aufgeklärten Patienten zu haben“, betont Hasenfuß.