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Vier-Tage-Schulwoche keine Dauerlösung – aber punktuell denkbar

Unterrichtsausfall durch Lehrermangel – diesem Problem vieler Schulen begegnet ein Pilotprojekt in Sachsen-Anhalt mit der Vier-Tage-Woche. Der Lehrerverbandspräsident hat “Bauchschmerzen”, sieht aber auch Vorteile.

Vier statt fünf Tage in der Woche in die Schule gehen: Das kann nach Einschätzung von Stefan Düll keine Dauerlösung für die Schulen in Deutschland sein. “Ich habe Bauchschmerzen, wenn man damit Lehrermangel kompensieren will”, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Man könne sich den fünften Tag nicht einfach sparen. Zudem gebe es bei jüngeren Kindern das Problem der fehlenden Aufsicht, wenn die Eltern arbeiteten.

Sachsen-Anhalt testet zur Zeit als erstes Bundesland in einem Pilotprojekt bis Sommer 2026 an zehn Gemeinschafts- oder Sekundarschulen die Vier-Tage-Woche. Der fünfte Tag wird etwa mit eigenständigem digitalem Lernen zu Hause oder dem Besuch eines Betriebs kompensiert. In dem ostdeutschen Bundesland fehlen nach Angaben des Bildungsministeriums zur Zeit hunderte Lehrkräfte. An manchen Sekundar- oder Gemeinschaftsschulen fällt demnach im Schnitt jede fünfte Stunde aus.

Alle drei Wochen oder einmal im Monat kann sich Düll eine Vier-Tage-Woche vorstellen. “Es macht durchaus Sinn, dass Kinder das selbstständige Lernen üben – sei es mit einem Buch oder digital.” Dies bereite auch auf Situationen vor, die im Schulalltag oder später im Beruf vorkommen könnten. “Um Infektionsketten zu unterbrechen, kann das zum Beispiel immer mal wieder nötig sein.”

Als Grund für den Lehrermangel sieht Düll die demografische Entwicklung: Es gebe einfach weniger junge Menschen, die potenziell Lehrer werden könnten. Hinzu kämen mehr und mehr “herausfordernde” Kinder: “Sprachprobleme von Schülern aber auch Psychosen machen die Arbeit als Lehrer viel anstrengender”, sagte er. “Wir müssen sehr viel mehr Beziehungsarbeit leisten als früher. Das schlaucht sehr und schreckt ab.” Hier seien deutlich mehr Sozialarbeiter und Psychologen an Schulen notwendig.

Um mehr Lehrer zu gewinnen, wünscht sich der Gymnasiallehrer von der Politik “eine Attraktivitätskampagne”. Der Beruf habe sehr viele schöne Seiten: “Wir vermitteln jungen Menschen Kompetenzen für die Zukunft. Wir sind immer am Puls der Zeit, denn entweder wir bringen die aktuellen Themen ein oder die Schüler selbst. Durch Schüler bleibt man jung, weil man viel aus der Welt von Kindern und Jugendlichen erfährt. Und: Mit Schülern kann man sehr viel lachen. So viel Spaß hat man sonst nur als Clown.”