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Vielfältige Messe-Angebote zu Trauer, Sterben und Tod in Freiburg

100 Aussteller rund um Bestattung, Tod und Trauer. In Freiburg läuft noch bis Samstag eine besondere Messe. Sterben und Trauer werden offenbar immer individueller.

Vor der Halle, auf dem großen Messplatz laufen die letzten Vorbereitungen für die Freiburger Herbstmess’ mit Geisterbahn und Riesenrad. In der Messehalle geht es um biologisch abbaubare Urnen, Erinnerungsdiamanten, Betreuungsvollmachten und palliative Begleitung. “Das passt doch hervorragend, die Themen Tod und Trauer gehören mitten ins Leben!”, sagt Meike Wengler. Sie ist Gründerin der Messe “Leben und Tod”.

Zweimal jährlich – in Bremen und Freiburg – will die Messe eine Plattform für Austausch über die letzten Fragen bieten. Eine europaweit einzigartige Veranstaltung, betonen die Organisatoren. In Bremen kamen zuletzt etwa 5.000 Besucher, in Freiburg dürften es 3.000 werden, die sich bei 100 Ausstellern informieren können. Veranstalter ist die “Ahorn Kultur GmbH”, Teil der Ahorn-Gruppe, zu der bundesweit 270 Bestatter-Filialen gehören.

Parallel gibt es ein breites Vortragsprogramm. Wie kann ich eine queere Trauerfeier gestalten? Wie bewältigen Muslime Trauer? Was erwartet mich im Hospiz? Es gibt Vorträge für das breite Messepublikum und für Experten – etwa aus der Trauerbegleitung oder der Pflege.

Walburga Schnock-Störmer informiert am Stand des Bundesverbands Trauerbegleitung über neue Formen der Begleitung. “Die Bestatter haben im Trauerfall das Monopol auf Ersthilfe. Viele Trauernde brauchen aber eine langfristige Begleitung, um aus dem Nebel der Trauer zurück in ein verändertes Leben zu kommen.”

Sie begleitet Menschen häufig drei bis fünf Jahre lang. Dabei sei kreatives Handeln eine wichtige “Ressource der Trauer”. Am Stand steht ein heller Fichtensarg, den Messebesucher bunt anmalen können.

Nebenan informiert ein Schweizer Unternehmen über sein Angebot, nach einer Feuerbestattung aus der Asche des Verstorbenen einen Erinnerungsdiamanten herzustellen. Bei 1.400 Grad Celsius und einem Druck von 60.000 bar. Ein Teil der Asche wird zum Schmuck-Erinnerungsstück, der Großteil der Asche kann normal bestattet werden. Jährlich entscheiden sich etwa 2.000 Familien für dieses besondere und hochpreisige Angebot.

Den Trend zur Feuerbestattung spiegelt sich auch in den zahlreichen Messeständen von Urnenproduzenten – von Unikaten aus 700 Jahre alten Mooreiche-Stämmen bis zu Textilurnen, in die Lieblingskleider der Verstorbenen eingenäht werden können.

Auch die Kirchen sind präsent. Die evangelische Landeskirche in Baden stellt ihren Vorsorgeordner “Nicht(s) vergessen” vor. “Eigentlich wissen wir alle, dass es wichtig ist, für das eigene Lebensende bestimmte Fragen zu klären, von der Betreuungsvollmacht bis zur Übersicht über Konten und Versicherungen. Unser Ordner macht es leichter, das dann auch wirklich anzupacken”, verspricht Seelsorgerin Martina Maas.

Am katholischen Stand geht es beispielsweise um Hilfsangebote für Trauernde, Klinikseelsorge und um Fortbildungen in palliativer Pflege. Verena Wetzstein, Leiterin des Freiburger Palliative Care Forum, schätzt die Messe als wichtigen Ort des Dialogs. “Gerade war eine Gruppe von Altenpflegeschülerinnen da.”

Kritisch sieht die Theologin die sich abzeichnende Liberalisierung des Bestattungsrechts, etwa in Rheinland-Pfalz. “Die Asche im Rhein verstreuen oder im Wohnzimmerschrank vergessen? Ich bin skeptisch, ob das eine würdige Erinnerungskultur fördert.”

Ein Messerundgang zeigt, wie vielfältig und individuell gestaltbar das Geschäft mit Tod und Trauer geworden ist. Bestatter werben mit glänzenden Oldtimerlimousinen oder Sarg-Lastenfahrrädern. Ein Startup hat einen Briefkasten-Grabstein entwickelt: Trauernde und Grabbesucher sind eingeladen, ihre persönlichen Botschaften an den Toten zu richten. “Wir sehen, dass ein solcher Brief die Erinnerung und Verbindung stärken kann”, sagt Erfinder Dominik Arnold. Dabei verbleiben die Nachrichten im Grabstein. “Es sind persönliche Botschaften für den Verstorbenen, die niemand lesen soll.”

Gegenüber stellt sich “Sterbelotse” Andreas Striefler vor. Er kritisiert, dass schwerkranke sterbende Menschen – und ihr Umfeld – zu wenig Unterstützung während des Sterbeprozesses erhielten. Und hat daher eine radikale Form der Begleitung im Angebot: “Ich komme ins Haus, bin rund um die Uhr da. Begleite beispielsweise Patienten, die sich zum Sterbefasten entschieden haben.” Er hält es für zentral, über den Zeitpunkt des eigenen Todes selbst bestimmen zu können. Sterbehilfe durch die Bereitstellung von tödlichen Medikamenten lehnt er nach eigenen Angaben aber klar ab.

Messeleiterin Wengler betont, dass die “Leben und Tod” Sterbehilfeorganisationen wie Exit oder Dignitas kein Forum geben will. “Wir sind klaren ethischen Grundsätzen verpflichtet.” Daher sei es auch wichtig, dass die Kirchen ihre Positionen der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens einbringen. “Wir sind eine Plattform für verschiedene Positionen und Angebote.” Bei der nächsten Messeausgabe soll es dann um KI und Trauer gehen.