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Viele bekannte Gesichter im Wettbewerb der 75. Berlinale

Der neue Film von Richard Linklater als Weltpremiere, acht Filme von Frauen im Wettbewerb: Die 75. Berlinale hat einiges zu bieten. Die neue Chefin sieht Politik als Teil der DNA des Festivals, aber auch nur als Teil.

Als sie zur Begrüßung ein paar Worte auf Deutsch spricht, klingt die neue Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle fast schon “berlinerisch”. “Ick freue mick”, sagt die US-Amerikanerin mit deutlichem Akzent am Dienstag bei der Programmvorstellung für die vom 13. bis zum 23. Februar geplante 75. Ausgabe der Internationalen Filmfestspiele Berlin. Das große Jubiläum wird Tuttles erste Berlinale als Leiterin sein.

Nach einem Jahr sehe sie inzwischen deutlich, wie die Stadt das Festival auf viele Arten geprägt habe, erklärte die frühere Chefin des Londoner Filmfestivals. Tuttle hatte im vergangenen Jahr das bisherige Führungsduo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek abgelöst, das die Berlinale unter anderem durch die schwierigen Pandemie-Jahre gelotst hatte.

Im nun präsentierten Wettbewerb um den Goldenen und die Silbernen Bären sind die Änderungen unter der neuen Intendantin noch eher graduell. Viele seit langem bekannte Gesichter präsentieren neue Werke: etwa der Rumäne Radu Jude, der sich 2021 über den Goldenen Bären freuen konnte, oder der südkoreanische Berlinale-Dauergast Hong Sangsoo. Auch US-Regisseur Richard Linklater (64, “Boyhood”, “Before Sunrise”) nahm in der Vergangenheit bereits zwei Silberne Bären mit nach Hause. In diesem Jahr zeigt er “Blue Moon”, ein biografisches Musikdrama über den Broadway-Komponisten Lorenz Hart mit Ethan Hawke und Margaret Qualley. Der Film feiert seine Weltpremiere auf der Berlinale.

Aus Deutschland gehen nur zwei Filme ins Rennen um die Bären. Vor zwei Jahren waren es noch erstaunliche fünf gewesen. Zum Berlinale-Jubiläum zeigt Frédéric Hambalek “Was Marielle weiß” mit Julia Jentsch und Felix Kramer – ein Film über das Verhältnis zwischen Eltern und ihren Kindern, in dem eine Tochter plötzlich alles sehen und hören kann, was ihre Eltern tun. Regisseur Ameer Fakher Eldin präsentiert “Yunan” mit Georges Khabbaz, Hanna Schygulla, Sibel Kekilli und Tom Wlaschiha. In der internationalen Koproduktion geht es um einen Exilautor, der auf eine Hallig reist, um seinem Leben ein Ende zu setzen.

In acht der 19 Wettbewerbsfilme führten Frauen Regie oder Co-Regie – mit einer Quote von 42 Prozent ein Rekordwert, wenn auch ein knapper. 2019 waren es 41 Prozent. Die österreichische Regisseurin Johanna Moder zeigt dieses Mal etwa “Mother’s Baby”, eine Geschichte über eine Mutter nach einer traumatischen Geburt. In dem britischen Debütfilm “Hot Milk” von Rebecca Lenkiewicz sind unter anderen Vicky Krieps und Fiona Shaw zu sehen. In weiteren Filmen wirken etwa Jessica Chastain, Marion Cotillard und August Diehl mit.

Aus der Schweiz läuft “La cache” (Das Versteck) von Lionel Baier im Wettbewerb. Darin erlebt ein zehnjähriger Junge den Mai 1968 in Paris, versteckt bei seinen Großeltern. Insgesamt wurden die Filme des aktuellen Berlinale-Wettbewerbs in 26 Ländern produziert. 17 Werke werden als Weltpremiere gezeigt. Knapp 200 Filme laufen im gesamten Programm der Jubiläumsausgabe.

Abseits des Hauptwettbewerbs hat die neue Intendantin bereits erste deutliche Änderungen am größten Publikumsfilmfestival der Welt vorgenommen. Die unter Vorgänger Chatrian ins Leben gerufene Sektion Encounters für eher wagemutige Filme wurde abgeschafft. Stattdessen gibt es nun die Sektion Perspectives für Spielfilmdebüts aus aller Welt.

Das 1951 gestartete Festival beschäftige sich in seinem 75. Jahr auch mit der Frage, welche Bedeutung die eigene Geschichte für unsere Gegenwart habe, sagte Tuttle. Das Kino helfe dabei, dass Menschen einander verstünden und zusammenkämen. Sie werde häufig gefragt, ob sich die Berlinale als politisches Festival verstehe. Sie sehe die Berlinale vor allem als gesellschaftliches Festival, Politik sei aber Teil der DNA, auch der der Stadt Berlin.

Kinofans können sich auf weitere hochkarätige Stars freuen, die traditionell jenseits der Wettbewerbe ihre Filme vorstellen. Eröffnet wird die diesjährige Berlinale mit dem Familiendrama “Das Licht” von Regisseur Tom Tykwer. In der deutsch-französischen Produktion sind unter anderen Lars Eidinger und Nicolette Krebitz zu sehen. Als Deutschlandpremiere zeigt die Berlinale zudem “A Complete Unknown”, das Musik-Biopic von James Mangold mit Timothée Chalamet (“Dune”) als Bob Dylan.

Am Ende der Berlinale wird dann wieder der beste Film mit dem Goldenen Bären geehrt. Silberne Bären gibt es unter anderem für die beste Regie, das beste Drehbuch und die besten schauspielerischen Leistungen. Die Internationale Jury, die über die Vergabe entscheidet, wird in diesem Jahr von US-Regisseur Todd Haynes (64, “Dem Himmel so fern”, “I’m not there”) geleitet. Eine Bären-Gewinnerin steht indes schon fest: Die schottische Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton (64, “Michael Clayton”) wird für ihr Lebenswerk mit einem Goldenen Ehrenbären ausgezeichnet.