Neuer Kanzler, neuer Papst und ein Krieg in Nahost: Die Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken tagte in turbulenten politischen Zeiten. Auf der Agenda stand zudem die Wahl neuer Mitglieder.
Mit einem Appell an Israel und Palästina, das Völkerrecht einzuhalten, hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) am Wochenende seine Vollversammlung vorerst beendet. Sie tagte von Donnerstag bis Samstag in Paderborn. Die rund 230 Delegierten des höchsten repräsentativen Gremiums des deutschen Laien-Katholizismus formulierten dabei auch ihre Erwartungen an die neue Bundesregierung, befassten sich mit der Situation der Kirche nach der Wahl Papst Leos XIV., entschieden über den Veranstaltungsort des übernächsten Katholikentags und wählten neue prominente Mitglieder in ihre Reihen.
Eine am Samstag verabschiedete, eilig erarbeitete Resolution zum Krieg im Gazastreifen betont bewusst die Verantwortung beider Kriegsparteien. Sie fordert zudem die Bundesregierung auf, sich für die sofortige Aufhebung der Blockade von humanitären Hilfsleistungen in Gaza einzusetzen. Auch müsse sie alle Anstrengungen unternehmen, damit die palästinensische Hamas alle Geiseln freilasse und ein dauerhafter Waffenstillstand endlich Wirklichkeit werde.
Mit mehreren weiteren Anträgen machte sich das ZdK für eine menschlichere Politik der schwarz-roten Koalition stark. ZdK-Präsidentin Stetter-Karp kritisierte den Kurswechsel in der Asylpolitik. “Die Aussetzung des Familiennachzugs steht beispielhaft dafür, dass wir gerade in diesem Politikfeld nicht schweigen dürfen”, sagte sie am Freitag. “Die Familie ist ein hohes Gut und fördert nachhaltig die Integration der betroffenen Menschen. Wir setzen uns dafür ein, im Aufenthaltsgesetz einen Rechtsanspruch auf Geschwisternachzug zu verankern.”
Stetter-Karp begrüßte die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats, die die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hat. Zugleich mahnte sie eine Schieflage zwischen Ausgaben für Verteidigung und Entwicklungszusammenarbeit an. “Wer auf dem Rücken der Ärmsten spart, stellt unseren Wertekompass infrage.”
Auf Leo XIV. setzt die Laien-Vertreterin große Hoffnungen. Bei seiner Amtseinführung habe er überzeugend deutlich gemacht, dass er ein politischer Papst sein werde, so die Präsidentin, die an der Feier in Rom teilnahm. Sehr bestärkend sei zudem, dass er in seiner ersten Rede bekräftigt habe, dass die Kirche synodal sein könne. Damit stelle er sich ganz in eine Linie mit seinem Vorgänger Franziskus.
Überraschend nahmen die Delegierten eine Einladung des Erzbistums Paderborn an, den Katholikentag 2028 in der westfälischen Bischofsstadt auszurichten. Er soll dort vom 24. bis 28. Mai stattfinden. “Die Einladung ist uns eine ganz besondere Freude, weil es noch nie zuvor einen Katholikentag in Paderborn gab”, sagte der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz. Das Erzbistum Paderborn werde ein engagierter und verlässlicher Gastgeber an der Seite des ZdK sein, versprach er.
Turnusgemäß wählte die Vollversammlung 45 Einzelpersönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft in ihre Reihen. Unter den erstmals gewählten Mitgliedern sind der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD), der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sowie der Politikwissenschaftler Carlo Masala. Wiedergewählt wurden neben anderen der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), die Schriftstellerin Nora Bossong und die Journalistin Claudia Nothelle. Auch Präsidentin Stetter-Karp erhielt wieder einen Platz in der Vollversammlung. Nicht mehr zur Wahl stellten sich zum Beispiel der Literaturwissenschaftler Heinrich Detering, der Ökonom und Klimaforscher Otmar Edenhofer und die frühere Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
Die Wahl der Einzelpersönlichkeiten findet alle vier Jahre statt. Die 45 Vertreter aus Politik und Gesellschaft bilden mit 86 Vertretern der Diözesanräte und 98 Verbandsvertretern die ZdK-Vollversammlung.
Offiziell ist die Vollversammlung noch nicht beendet: Sie konnte die Beratungen über eine Reform von Statut und Geschäftsordnung des ZdK nicht zum Abschluss bringen. Daher soll die Versammlung am 11. Juli digital fortgesetzt werden.