Amtshaftung ja oder nein? In einem Kölner Schmerzensgeldprozess wird derzeit geprüft, ob die Kirche für den Missbrauch eines Priesters an seinem Pflegekind haften muss. Im Raum steht eine sechsstellige Summe.
Das Landgericht Köln entscheidet am heutigen Dienstag über eine Schmerzensgeldklage gegen das katholische Erzbistum Köln. Eine Missbrauchsbetroffene verlangt 850.000 Euro. Sie war als Mädchen über Jahre von einem Priester missbraucht worden, der sie als Pflegevater bei sich aufgenommen hatte. Ob bei dem Verkündungstermin ein Urteil fällt, ist noch unklar, wie eine Gerichtssprecherin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mitteilte.
Das bisherige Verfahren hat bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Das Erzbistum lehnt eine Amtshaftung ab, weil der Missbrauch des zu zwölf Jahren Haft verurteilten Geistlichen im privaten und nicht im dienstlichen Bereich stattgefunden habe. Das Landgericht Köln hatte deutlich gemacht, dass es dieser Argumentation zuneigt.
Vor wenigen Tagen wurde Kardinal Rainer Maria Woelki als Leiter des Erzbistums in dem Fall wegen versuchten Prozessbetrugs angezeigt. Die Anwälte der Betroffenen und der Betroffenenvertreter Matthias Katsch werfen dem Erzbistum vor, dem Gericht wichtige Dokumente vorenthalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob ein Anfangsverdacht besteht. Die Erzdiözese hat die Vorwürfe gegen Woelki als haltlos zurückgewiesen.
In einem vorherigen Prozesstermin hatte unter anderen der aus dem Rheinland stammende Berliner Erzbischof Heiner Koch ausgesagt. Er konnte nicht bestätigen, dass die Betroffene und ihr Ziehbruder in den 1970er Jahren regelmäßig mit ihrem Pflegevater in einem Zimmer im Priesterseminar übernachteten. Auch betonte er, dass damals niemand von dem Missbrauch gewusst habe. Ein solches Wissen kann nach Ansicht des Vorsitzenden Richters Dominik Theisen eine Amtshaftung begründen.