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Vatikan-Experte erwartet “großartiges Pontifikat” von Leo XIV.

Auf der Linie seines Vorgängers – bestimmt, aber eher leiser: Der britische Vatikan-Kenner erwartet viel vom Pontifikat Leos XIV. Er werde das ernten, was Franziskus ausgesät hat. Und dabei alle in der Kirche mitnehmen.

Der britische Journalist Austen Ivereigh erwartet viel von der Amtszeit Papst Leos XIV. “Dies wird ein großartiges Pontifikat werden, eines, das vielleicht weniger verspricht, aber auf lange Sicht mehr einlöst”, sagte Ivereigh im Interview des Portals katholisch.de (Mittwoch). “Wenn es Franziskus’ Aufgabe war, den Raum des Zeltes zu erweitern, dann ist es Leos Aufgabe, die Seile zu verlängern und die Pflöcke zu befestigen”, so der Vatikan-Experte in Anspielung auf eine Stelle im Buch Jesaja.

Anders als Franziskus habe Leo nicht mit einem “großem Paukenschlag” begonnen, sondern ruhig und entschlossen. “Das ist sein Stil, aber ich vermute, es ist auch das, was die Kardinäle nach Franziskus wollten: eine Phase der Konsolidierung und des Brückenbauens.” Nach Ansicht Ivereighs wird Leo die “Ära Franziskus” weiterführen, der Kirche aber mehr Zeit geben.

Franziskus sei ein Visionär gewesen “mit einem klaren Gefühl dafür, wohin der Geist die Kirche führen wollte”, so der Vatikan-Kenner. “Diese Vision umzusetzen, erforderte einen Bruch mit dem Gewohnten.” Dem Anliegen entsprechend sei Franziskus’ Führungsstil stärker personalistisch gewesen. Leo XIV. werde kollegialer und gemeinschaftlicher regieren, erwartet Ivereigh. “In gewisser Weise wird es also Leos Aufgabe sein, jene Reform, die Franziskus von der gesamten Kirche forderte, nun auch in seinem Pontifikat anzuwenden.”

Zur Beziehung zwischen Leo XIV. uns seinem Vorgänger erklärte der Journalist, dass Franziskus schon ein gutes Verhältnis zu Robert Prevost gepflegt hatte, bevor er ihn 2023 zum Präfekten des vatikanischen Bischofsdikasteriums machte. “In Prevost wählte Franziskus für dieses Amt jemanden, dem er vertraute und dessen Urteilsvermögen er schätzte.” Eine der großen Fähigkeiten von Franziskus sei es gewesen, Menschen mit Leitungsqualitäten und Visionen wie Prevost zu erkennen und zu fördern.

Mit Blick auf die Kirche in Deutschland und den Synodalen Weg betonte Ivereigh, dass Leo XIV. eine Schlüsselrolle bei der Aushandlung eines Kompromisses mit den deutschen Bischöfen gespielt habe. Der Papst werde in Fragen der Lehre, der Ekklesiologie und des Kirchenrechts ebenso standhaft sein wie gegenüber den Traditionalisten. “Er wird die Ungeduld vieler Deutscher mit dem Reformtempo respektieren, sie aber einladen, gemeinsam mit dem Rest der Kirche unterwegs zu sein.”

Austen Ivereigh gilt als fundierter Kenner des verstorbenen Papst Franziskus. 2014 veröffentlichte er mit “The Great Reformer: Francis and the Making of a Radical Pope” eine Biografie über Papst Franziskus. 2020 gab er gemeinsam mit ihm das Buch “Wage zu träumen” heraus.