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Vatikan-Bibliothek mit neuer Kooperation und neuer Ausstellung

Sie hütet seit Jahrhunderten wertvolle Schätze. Doch die meisten der Millionen Bücher, Handschriften, Münzen und Kunstwerke bleiben im Verborgenen. Das soll sich jetzt ändern – zumindest teilweise.

Unter sichtlicher Qual ringt der alte Mann die Hände. Nichts deutet darauf hin, dass er sich als Stellvertreter Christi auf Erden eignen könnte. Denn hier wird der heilige Petrus als reuiger Sünder dargestellt, der Jesus dreimal verraten hat. Das Gemälde “Der büßende Petrus”, das der niederländische Künstler Anthonis van Dyck (1599–1641) mit nicht einmal 20 Jahren schuf, ist derzeit im “Salone Sistino” der Vatikanischen Bibliothek zu sehen. Zu verdanken ist dies einer neuen Kooperation, die die Päpstliche Bibliothek mit der britischen Kunst-Stiftung Colnaghi eingegangen ist.

Im Rahmen des Projekts “Codex” ist eine Ausstellung in den prächtigen Räumen der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek entstanden, die eine seltene Auswahl an Meisterwerken der Renaissance und des Barock vereint, erläuterte Candida Lodovica de Angelis Corvi namens der Stiftung. Ergänzt mit Archivdokumenten und Manuskripten der Vatikanischen Bibliothek, können sie neu interpretiert werden, so der Präfekt der Bibliothek, Pater Mauro Mantovani. Zu sehen sind unter anderem der “Satyr” von Michelangelo Buonarotti (1475-1564), Gianlorenzo Berninis (1598-1680) Büste von Urban VIII. und Sebastiano del Piombos (1485-1547) Porträt von Papst Clemens VII.

Die Kooperation zielt darauf ab, das dokumentarische und künstlerische Erbe von Bibliothek und Archiv des Vatikans besser zugänglich zu machen und sie bei der Pflege und Digitalisierung ihrer reichen Schätze zu unterstützen. Auch das laufende Heilige Jahr und die Wahl des neuen Papstes bieten passende Anlässe, die weltberühmte päpstliche Sammlung in den Fokus zu rücken, deren Ursprünge im vierten Jahrhundert liegen. Der Päpstliche Bibliothekar und Archivar Erzbischof Cesare Pagazzi zeigte sich dankbar für die Unterstützung wichtiger Bibliotheksprojekte, “die unser Engagement für die Verbreitung von Kultur stärkt”.

Allein der Rahmen der gezeigten Werke beeindruckt: Der 70 Meter lange und mit Säulen getrennte Salone Sistino ist herrlich ausgemalt, mit Fresken der Vatikanischen Konzilien, darunter auch das Konzil von Nizäa aus dem Jahr 325. Die Wandgalerie links zeigt historische Bibliotheken seit der Antike. In der Päpstlichen Bibliothek, die als neuzeitliche wissenschaftliche Einrichtung auf 575 Jahre Geschichte blickt, sind über 150 Sprachen und alle Glaubensrichtungen und Kulturen dokumentiert. Das Spektrum an Disziplinen umfasst Philologie, Geschichte, Theologie, Recht, Kunst, Astronomie, Mathematik und Medizin.

Den Machern der Ausstellung ging es nicht nur darum, den Hort wissenschaftlicher Gelehrsamkeit neu in Szene zu setzen. Bei den seit knapp zwei Jahren laufenden Vorarbeiten ergaben sich auch Überraschungen. Zum Beispiel war van Dycks “Petrus” lange Zeit Peter Paul Rubens zugeschrieben. Michelangelos Aktstudie in roter Kreide ist sichtlich eine Studie zur “Erschaffung Adams” aus der Sixtinischen Kapelle. Seine Provenienz wurde jedoch erst in den letzten Jahren abschließend geklärt, wie einer der zahlreichen Artikel im Ausstellungskatalog illustriert.

Auch Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio (1571-1610), ist bei der Schau vertreten, unter anderem mit zwei Barberini-Porträts: von Papst Urban VIII., Maffeo Barberini, sowie dem Papstneffen Francesco Barberini; beide Gemälde wurden erst in den letzten Jahren wiederentdeckt. Im Rahmen der Ausstellung werden sie mit anderen Darstellungen von Päpsten in Beziehung gesetzt, die vielfach Auftraggeber von Künstlern und Mäzene der Kunst waren. Neben Caravaggio und Bernini sind auch Werke von Tintoretto und Tizian sowie ihre Förderer, die Päpste Clemens VII., Paul V. und Urban VIII. zu sehen.

Die Ausstellung hält auch Kurioses bereit: In einer Vitrine ist eine Karikatur von Bernini zu bewundern. Der gefeierte Urheber des Baldachins im Petersdom und vieler weiterer religiöser Kunstwerke skizziert mit wenigen Strichen einen Geistlichen. Wer genau dieser Prälat oder Kardinal sein soll, ist leider nicht überliefert.