Ihr Ziel ist die Macht: Ultrakonservative Katholiken beeinflussen laut US-Experte Patterson Regierungen von Washington bis Budapest. Der Experte warnt vor mittelalterlichen Verhältnissen.
Ultrakonservative stellen nach Einschätzung des US-Politikwissenschaftlers James M. Patterson trotz ihrer geringen Zahl eine ernsthafte Gefahr für liberale Demokratien dar. Das sagte Patterson dem Internetportal katholisch.de am Dienstag. Besonders brisant sei, dass es katholischen Hardlinern nicht darum gehe, demokratische Mehrheiten zu gewinnen, sondern gezielt Schlüsselpositionen in Politik, Verwaltung und Kirche zu besetzen.
In der Praxis käme dies einer Rückkehr zu religiösen Ghettos des Mittelalters gleich, so Patterson. Die Strömung, die Patterson dem sogenannten Neo-Integralismus zurechnet, verfolge eine radikale politische Theologie, die die katholische Kirche wieder als oberste Autorität über die weltliche Ordnung stellen wolle. Ziel sei eine katholisch geprägte Gesellschaft, in der der Staat den “rechten Glauben” aktiv fördere. Führende Vertreter hätten bereits politische Konzepte entworfen, die Andersgläubige aus dem öffentlichen Leben ausschließen sollen.
Die Bewegung richte sich gezielt gegen die Prinzipien liberaler Demokratien. Ihre Vordenker machten den Liberalismus für gesellschaftliche Zersplitterung und Werteverfall verantwortlich. “Der unangefochtene Held vieler Neo-Integralisten ist Viktor Orban. Dass er Protestant ist, stört sie kaum – was zählt, ist seine Politik: Ausbau der Exekutivgewalt, Förderung traditioneller Familien, Einschränkung von Pressefreiheit und Opposition”, sagte Patterson.
Auch US-Vizepräsident J.D. Vance steht laut Patterson unter dem Einfluss dieser Kreise. Vance bewege sich im Umfeld prominenter Denker des Neo-Integralismus und vertrete zunehmend Positionen eines katholisch geprägten Autoritarismus. Das sei Teil einer neuen Rechten in den USA, die nicht mehr klassisch konservativ, sondern radikal postliberal denke.
Patterson forderte die katholische Kirche auf, klar Position zu beziehen: “Die Kirche muss Neo-Integralismus klar benennen und verurteilen. Papst Franziskus hat das bereits 2019 getan, als er den Integralismus als ‘Pest’ bezeichnete.” Wichtiger als Verbote sei es jedoch, die manipulativen Versprechen dieser Ideologie zu entlarven. “Es geht nicht um den Schutz des Glaubens, sondern um knallharte Machtpolitik unter religiösem Deckmantel.”