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Unvernunft regiert die Welt

Meine Freundin damals kannte nur ein Kriterium beim Autokauf: einen Spiegel in der Fahrer-Sonnenblende. Alles andere – Preis, Verbrauch, Farbe – war für sie zweitrangig. Sie wollte die Möglichkeit haben, sich im Fahrersitz noch kurz zu schminken. Punkt.
Verrückt? Vielleicht. Aber wie viele Entscheidungen machen wir selbst abhängig vom Bauchgefühl, von der Meinung anderer oder gar vom Zufall?
Seien wir ehrlich: Es ist nicht der Verstand, der unser Leben steuert. Wir bezeichnen unsere menschliche Gattung zwar als homo sapiens – als „weisen Menschen“ –, aber wir sind weit davon entfernt, uns auch so zu verhalten. Der Blick in die Geschichte zeigt: Kriege wurden ausgelöst, weil Herrscher ihren Träumen folgten; Weltreiche vergingen, weil ein Auto eine Umleitung fahren musste. Vernunft war nur selten ausschlaggebend in historischen Momenten.

Die Kirchengeschichte macht da keine Ausnahme. Wer sich fragt, warum wir heute an die Dreifaltigkeit glauben oder daran, dass Jesus Gott und Mensch zugleich ist, der kann staunend darauf schauen, wie sich diese Glaubenssätze im Laufe der Jahrhunderte durchgesetzt haben – keineswegs immer mit in christlicher Liebe vorgebrachten theologischen Argumenten, sondern durchaus mit Intrigen oder auch mit ganz unchristlichen Gewaltandrohungen (Seite 2).
Dass es tatsächlich Gottes Wille ist, der so geschieht, können wir nur hoffen. Andererseits: Gott wusste, worauf er sich einließ, als er seine Geschichte mit uns, seinen Menschen, begann. Er kannte unsere Schwächen und unseren Hang zur Unvernunft. Ich glaube, wir können darauf vertrauen, dass er mit uns das Beste daraus macht.