Der Geschäftsführer des UN-Kinderhilfswerks Unicef, Christian Schneider, sorgt sich um Kinder und ihre Familien in Syrien. Der Krieg sei zu Ende, ein Ende der humanitären Krise aber weit entfernt, sagte Schneider am Dienstag. „Wenn wir über die Rückkehr von Familien sprechen, die bei uns Zuflucht vor dem 13 Jahre dauernden entsetzlichen Krieg gefunden haben, müssen wir sehen: Für Millionen Kinder in Syrien hat ein Ausnahmezustand den nächsten abgelöst“. In Homs, Aleppo und weiteren Städten seien ganze Viertel weitgehend zerstört. In Dörfern wie Latamneh stehe kaum noch ein Haus. Schneider war den Angaben zufolge im Oktober selbst in Syrien.
„Viele Familien, die ich getroffen habe, wünschen sich nichts sehnlicher, als nach Jahren der Gewalt und Vertreibung in der Heimat ein Leben in Sicherheit zu beginnen“, sagte Schneider. Doch für Kinder seien die lange umkämpften Orte gefährlich, überall könnten Blindgänger und Minen liegen. Seit Dezember 2024 seien dadurch über 150 Kinder ums Leben gekommen und Hunderte weitere verletzt worden. Über sieben Millionen Kinder benötigten humanitäre Hilfe. Familien, die jetzt etwa aus Idlib zurückkehrten, lebten in Ruinen oder heruntergekommenen Häusern. Viele Kinder seien mangelernährt, ein Drittel berichte über psychischen Stress.
Zu Recht werde in der politischen Diskussion auf das Interesse Deutschlands abgehoben, Syrien zu stabilisieren, erklärte der Unicef-Geschäftsführer. Die große Zahl der schon zurückkehrenden Familien habe die Lage aber zunächst verschärft. Es fehlten Wohnungen, Wasser, Strom, Gesundheitsversorgung, Jobs. Es sei zu befürchten, dass bis Jahresende mehr als ein Drittel der Menschen in extremer Armut lebten. Eine normale Kindheit sei für viele Kinder nicht in Reichweite: 2,5 Millionen gingen nicht zur Schule. Rund 40 Prozent der Schulen – 8.000 insgesamt – müssten neu aufgebaut oder repariert werden.
Seit Dezember 2024 sind nach Unicef-Angaben über eine Million geflüchtete Menschen aus Jordanien, Libanon und der Türkei zurückgekehrt. Zwei Millionen Menschen sind aus anderen Landesteilen Syriens in ihre Heimat zurückgekommen, zwei Millionen leben als Binnenvertriebene teils weiter in einfachsten Camps.