Artikel teilen:

Und sie alle sind gezählt

Jetzt läuft gerade wieder eine gefürchtete Zeit: die nach Trinitatis. Jeder Sonntag hat in der Kirche einen liturgischen Namen. Oben rechts auf dieser Titelseite können Sie den lesen, Woche für Woche. Oft stehen da klangvolle Namen wie Jubilate, Invocavit oder – Zungenbrecher im Konfirmandenunterricht – Quasimodogeniti. Ausnahmen sind der Januar; dann folgen aufeinander ein paar Sonntage „nach Epiphanias“. Und eben die Zeit nach Trinitatis: 23 Sonntage haben wir in diesem Jahr. Fünf Monate lang, von Juni bis November.

Man sollte meinen, dass sich da der Mensch, der für die Nennung der Sonntage auf dieser Titelseite zuständig ist, entspannt zurücklehnen könnte. Er muss ja immer nur einen weiter zählen. Ja, von wegen. Er muss höllisch aufpassen.

Denn, wie das so ist mit dem Zählen: Schwupps – und schon hat man sich verzählt. Man kennt das ja. Beim Häkeln: Einmal nicht aufgepasst und: „Wie viele Maschen waren das jetzt?“ Oder im Kirchenchor: „Wo genau in der Notenpartitur sind wir noch mal?“ Kürzlich hat sogar eine Weltklasse-Läuferin einen Medaillenrang verpasst. Sie war bei den Europameisterschaften stehen geblieben – jubelnd (sie lag nämlich auf dem zweiten Platz), aber eine Runde zu früh. Das war‘s dann.

Umso erstaunlicher klingt, was das Lukas-Evangelium berichtet: Gott habe alle unsere Haare auf dem Kopf gezählt. Ja, Donnerwetter! Haben Sie eine Ahnung, wie viele das sind? 100 000 bis 150 000 (vor dem Haarausfall). Und alle sind gezählt.
Ich finde, das ist ein schönes Bild. Wenn Gott sich so viel Mühe macht, dann muss er mich wohl wirklich lieben. Selbst, wenn ich mich bei den Sonntagen nach Trinitatis mal verzählen sollte.