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Überlebensmahlzeit

Über den Predigttext am Sonntag Lätare: Johannes 6, 47-51

Wer hat schon Menschenfleisch auf seinem Speisezettel? Genau dieses Gericht empfiehlt Jesus. Und zwar sein eigenes Fleisch. Unmissverständlich. Mit Nachdruck. Als lebensrettende Maßnahme. Spektakulär. Empörend. Wider jegliches Lebensrecht. Wir regten uns auf über Pferd in der Lasagne. Nun aber Jesus pur für unseren Magen. So scheint es.

Jesu Worte: Zielführend als auch missverständlich

Dabei war Israel doch zu Recht so stolz auf die Abschaffung der Menschenopfer. Die gab es in seiner Umwelt. Und jetzt als Opfer der Menschensohn. Seit dem Buch Daniel der Begriff für den kommenden Messias. Den wahren Heilsbringer. Sollte der nicht Befreiung, Rettung und Leben bringen? Und nun das Leben dahingeben, damit andere ihr Leben haben? Erinnert der Vorschlag nicht an Kannibalismus? An die Vorstellung, durch das Essen die Kraft und die Weisheit des verspeisten Menschen in sich einzuverleiben?
Ja, was Jesus sagt und empfiehlt, klingt entsetzlich. Es ist aber sowohl zielführend als auch missverständlich. Der Leib Jesu wurde in der Kreuzigung getötet. Alte Bilder zeigen, wie das Blut Jesu aus seiner Seite, angestochen von Longinus mit der Lanze, unmittelbar in den Abendmahlskelch fließt. Der ist die Erinnerung an den Tod Jesu, zugleich aber auch die Gegenwart Jesu selbst. Zur Einsetzung des Abendmahls hören wir: Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut, für dich dahingegeben. Der Hinweis auf das Abendmahl und die Vergleiche Jesu mit dem Himmelsbrot, mit dem Manna der Wüstenwanderung, zeigen: Fleisch essen, Blut trinken, Brot zu sich nehmen, das sind symbolische Begriffe. Diese  Worte vermitteln die Wahrheit und die Realität: Gott schafft und erhält das Leben, auf seine Weise.
Unsere Zeilen berichten Jesu vorweggenommene Einsetzung des heiligen Abendmahles. Drastisch dokumentiert uns der Evangelist: Alle Initiative geht von Jesus aus. Er sagt seinen Jüngern: Nur mit mir gibt es Leben für Zeit und Ewigkeit. Das Manna war die Speise der Väter in der Wüste. Es war ihr tägliches Brot. Nur mit diesem Manna hat das Volk Israel überlebt. Nur Gottes Fürsorge hat die Flüchtlinge aus Ägypten am Leben erhalten.
Unser tägliches Brot gib uns heute, hat Jesus uns zu beten gelehrt. Jesus sagt: Ich bin euer tägliches Brot des Lebens. Wir hören die Himmelsbrotrede am Sonntag Lätare, am Freudensonntag in der Passionszeit. Wir bedenken das Leiden Jesu auf dem Hintergrund seines neuen Lebens. Das schafft und gibt er für uns. Jesu Leiden ist die Quelle unserer Freude. Denn Jesus ist nach dem eigenen Tod zum neuen Leben auferweckt worden. Jesus lebt. Und mit ihm auch wir. Wir werden sterben und wir werden leben. Vielmehr: Was auch immer mit uns geschieht, wir haben schon jetzt die Zusage, mit dem Dreieinigen Gott ewig zu leben. Mit ihm und mit allen, die zu Gott gehören. Wie wir dazu kommen?

Intensivste Form, Jesus in sich aufzunehmen

Vielleicht hätten wir den Weg zum Leben durch die Zeit und in die Ewigkeit ganz anders eingerichtet, ohne Tod und vor allem ohne Kreuzigung Jesu. Mag sein. Immerhin beklagten sich auch die Jünger, Jesu Worte seien eine harte Rede. Gebeten werden wir, seine Worte für uns anzuwenden. Essen in Gemeinschaft und Einverleiben des Brotes als intensivste Form, Jesus in uns aufzunehmen. Auf dass wir im Abendmahl an Jesus Anteil bekommen. Das erleben wir auch im Lesen seiner Schrift, im Reden mit ihm, in der Feier von Gottesdienst und Sakrament, im Leben in der Liebe. Das meint Jesus, wenn er uns bittet, ihn zu essen und so ihm zu glauben. Denn: Wer ihm glaubt, hat das ewige Leben. Diese Gewissheit will schon heute unsere Freude sein.

Predigttext am Sonntag Lätare: Johannes 6, 47-51 (Erprobung)

47 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. 48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.