Johanna Rahner sieht die Zukunft der Kirche im sozialen Handeln. Statt zu warten, müsse Kirche dahin gehen, wo Not sei. Der erfahrbare Einsatz vor Ort bringe echte Glaubwürdigkeit.
Die Tübinger Theologin Johanna Rahner hat sich für ein entschlossenes gesellschaftliches Engagement der Kirchen ausgesprochen. In der aktuellen Sendung “Alpha & Omega” von “Kirche im Privatfernsehen” sagte Rahner, Glaube sei “nicht nur Transzendenzbezug”, sondern zeige sich im konkreten Handeln. Das Heil beginne “jetzt und hier” und nicht erst im Jenseits.
Die christliche Botschaft enthalte eine “Grundintuition”, die von der Menschenwürde und der Gleichheit aller ausgehe, so Rahner. Themen wie Solidarität, soziale Gerechtigkeit oder Klimagerechtigkeit seien daher Kernthemen des Christentums. Die Kirche dürfe nicht abwarten, “bis die Leute kommen”, sondern müsse “dahin gehen, wo Not am Mann, an der Frau ist”.
Rahner plädierte für einen Perspektivwechsel: Statt sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels in Kirchengebäude zurückzuziehen, müsse Kirche aktiv werden. Das habe Papst Franziskus mit dem Bild einer “verbeulten Kirche” gefordert. Die klassischen kirchlichen Institutionen stießen zwar zunehmend auf Misstrauen, das soziale Engagement etwa von Caritas oder Diakonie werde hingegen hoch geschätzt.
Viele Menschen wüssten, dass dieses Engagement mit der Kirche zu tun habe und lehnten die Institution trotzdem weiter ab, doch zeigten sie Anerkennung für ihre sozialen Bemühungen. Erfolgreiches kirchliches Handeln müsse deshalb erfahrbar sein, so die Theologin. Etwa durch Schülerhilfen in Brennpunktvierteln oder Hilfsangebote für Migrantinnen, Jugendliche oder obdachlose Menschen.
Bei Papst Leo XIV. sieht Rahner eine bewusste Anknüpfung an den Vater der katholischen Soziallehre, Leo XIII. “Glaube ist Handeln”, betonte sie, “und zwar auch gesellschaftspolitisch relevantes Handeln”. Der neue Papst setze mit seiner Namenswahl eine klare sozialpolitische Akzentuierung und mache deutlich, dass sein Name Programm sei.