PORT-AU-PRINCE – Fast stündlich gab es in den ersten Tagen neue Schreckensnachrichten: Hurrikan „Matthew“ hat auf seiner Spur durch die Karibik eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Tage nach dem Durchzug des „Monster-Sturms“, wie ihn lokale Medien nennen, ist die Zahl der Opfer weiter angestiegen. Laut aktuellen Berichten sollen inzwischen etwa 800 Menschen ums Leben gekommen sein.
Bei der Versorgung der Überlebenden in dem Karibikstaat Haiti machen vor allem die Auswirkungen der enormen Wassermengen den Helfern zu schaffen. Durch die heftigen Regenfälle sind zahlreiche Straßen und Brücken unpassierbar.
Auch die Kirche bot keinen Schutz
Das bettelarme Land verfügt ohnehin nur über ein dünnes Straßennetz. Experten befürchten zudem eine Ausbreitung von Krankheiten wie Cholera oder Dengue-Fieber.
Tragische Geschichten gibt es aber auch so zuhauf. Wie jener Fall aus der haitianischen Gemeinde Cavaillon. Der Bürgermeister der Stadt berichtete von einer Frau und ihrer sechsjährigen Tochter, die versucht hätten, in einer Kirche Schutz zu suchen. Dann habe aber der Wind die Mutter und das Kind wie Spielzeugfiguren durch die Luft gewirbelt. Insgesamt zwölf Tote seien zu beklagen; die Stadtverwaltung rechnet mit weiteren Opfern.
Auch auf die politische Lage im Land hat der Sturm Einfluss genommen. Die Präsidentschaftswahlen werden wieder einmal verschoben. Bereits seit Monaten warten die Haitianer darauf, ihre Stimme abgeben zu dürfen. Leopold Berlanger, Vorsitzender der Wahlbehörde, zeigte sich pessimistisch: „Im Moment können wir die Verteilung des dafür notwendigen Materials nicht gewährleisten."
Es wird geschätzt, dass der Hurrikan in den besonders betroffenen Gebieten im Süden und Nordwesten durchschnittlich 80 Prozent der Ernte vernichtete. Deswegen droht eine Ernährungskrise. Laut UN-Angaben sind rund 350 00 Menschen auf rasche Hilfe angewiesen. Die Bundesregierung stellte 600 000 Euro Soforthilfe zur Verfügung, um Notleidende mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und Notunterkünften zu versorgen. Auch das „Bündnis Entwicklung Hilft“, dem unter anderen die großen kirchlichen Hilfswerke „Brot für die Welt“ und „Misereor“ angehören, beteiligt sich an der Hilfe für die Opfer des Wirbelsturms.
Die Hurrikan-Katastrophe trifft den armen Karibikstaat Haiti besonders schwer, weil noch nicht einmal die Folgen des schlimmen Erdbebens von 2010 gänzlich behoben sind. Die Infrastruktur, so Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von „Brot für die Welt“, sei ohnehin seit Jahrzehnten schwach. Deswegen sei es auch so schwer gewesen, die Folgen des verheerenden Erdbebens von 2010 zu bewältigen. Das Land befinde sich auch sechs Jahre danach noch immer im Wiederaufbau (siehe auch Artikel unten).