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Theologin sieht Normalisierung rechtsextremer Einstellungen

Der Wahlsieg der Rechten in Österreich? Keine Überraschung, meint die Theologin Regina Polak. Und sie geht in ihrer Analyse auch mit den katholischen Bischöfen und Gemeinden hart ins Gericht.

Der Wahlsieg der Rechten in Österreich kommt für die Wiener Theologin Regina Polak nicht überraschend. Man beobachte schon länger eine Normalisierung von rechtspopulistischen und rechtsextremen Einstellungen, sagte Polak dem Magazin “Publik Forum” (Freitag). Ein Kernthema sei die Stigmatisierung des Islams. Polak, Professorin für Praktische Theologie an der Universität Wien, ist Mitautorin der repräsentativen Studie “Was glaubt Österreich?” mit mehr als 2.000 Teilnehmenden.

Anders als in Deutschland gab es im Nachbarland vor der Wahl kein Bischofswort gegen die Rechtsextremen. Die Kirchenleitung in Österreich “geht nicht so scharf in Konflikte, obwohl es dringend nötig gewesen wäre”, sagte Polak dazu. Das habe auch mit der österreichischen Kultur zu tun.

“Natürlich gibt es in der Kirche massive Vorbehalte gegen die FPÖ und große Sorgen über die Entwicklungen” – zumal die Partei versuche, Religion zu instrumentalisieren, so die Theologin. Trotz ihrer antiklerikalen Wurzeln habe die FPÖ schon in den 90er Jahren, “als die Gesellschaft sich durch Migration zu verändern begann, das ‘christliche Abendland’ als Kampfbegriff gegen Migration benutzt”.

“Früher waren jene Menschen rechenschaftspflichtig, die nicht religiös waren”, sagte Polak. Das habe sich umgekehrt. In einem mehrheitlich katholischen Land seien viele das nicht gewohnt. “Das macht sie anfällig für Parteien, die dies ausnutzen”, warnt die Theologin. Aus theologischer Sicht sei das ernüchternd: “Denn gerade in der christlichen Tradition gibt es eine Mitverantwortung für die Gesellschaft, für Marginalisierte, die Würde des Einzelnen.”

In der katholischen Kirche werde “der liberale Flügel immer kleiner, weil viele frustriert weggehen”, analysiert Polak. Die Kirche müsse sich fragen, ob ihre Räume immer noch “Übungsräume für Demokratie” seien. “Denn kirchliche Gemeinschaften waren immer auch Orte, wo man gelernt hat, gemeinwohlorientiert zu handeln, Verantwortung für eine Gemeinschaft zu übernehmen, mit unterschiedlichen Einstellungen zurechtzukommen” so die Theologin.