Wer weiß, was Gott will? Theologin Dorothea Sattler zweifelt an der Deutungshoheit über kirchliche Ämter. Was sich aus ihrer Sicht in der katholischen Kirche ändern muss.
Dezentrale Lösungen in der Frage nach kirchlichen Weiheämtern für Frauen wünscht sich Dorothea Sattler. Die Theologin sagte dem Schweizer Internetportal kath.ch am Mittwoch, in der katholischen Kirche brauche es ein “Vertrauen in die theologischen Argumente in einzelnen Ortskirchen und Freiheit in Verantwortung der Bischofskonferenzen weltweit im Blick auf die Frage, ob bald schon Frauen ordiniert werden”.
Die Professorin für Ökumenische Theologie und Dogmatik und Direktorin des Ökumenischen Instituts der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Münster zeigte sich im Interview enttäuscht darüber, dass ein in dieser Frage grundlegender Text des deutschen Reformprozesses Synodaler Weg bei der Weltsynode nicht mehr Achtung gefunden habe: “Ich verstehe nicht, warum in einer Weltkirche die theologische Expertise einer Teilkirche nicht zumindest mit der ihr entsprechenden Wertschätzung bedacht wird.” Zugleich sei sie aber zufrieden damit, dass bei der Weltsynode “zumindest im Blick auf die Teilhabe von Frauen am sakramentalen Diakonat keine rote Linie gezogen wurde”.
Sattler erklärte ihre Motivation für den Kampf um eine Öffnung kirchlicher Ämter für Frauen wie folgt: “Es liegt mir daran, in Frage zu stellen, ob sicher ist, was Gott im Blick auf unsere Thematik konkret möchte.” Theologen betonten schon lange, dass Jesus keine klaren Vorstellungen über die Gestalt der späteren Kirche und ihre Amtsstruktur gehabt habe. “Wer hat die Autorität, darüber zu entscheiden, was Gott denkt? Müssen wir nicht alle davon ausgehen, dass Gott möchte, dass das Evangelium in der heutigen Zeit mit allen Kräften, die dazu berufen sind, verkündigt wird?”, fragte sie.
Angesichts zunehmender Situationen, in denen das christliche Bekenntnis in der westlichen Welt nicht mehr plausibel erscheint, braucht es laut der Theologin dringend Formen der Kommunikation über existenziell bedeutsame Lebensfragen. Hier sieht Sattler Frauen besonders gefragt: “Frauen sind eingeübt bei der Gestaltung von Gottesdiensten, in denen Menschen miteinander sprechen und Symbolhandlungen nachhaltig wirken”, sagte sie.
Dorothea Sattler hat sich beim Synodalen Weg in Deutschland als Co-Vorsitzende des Synodalforums “Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche” engagiert. Ihr Buch “Frauen im Amt. Ein Weg zur Erneuerung der Kirche” ist im vergangenen Jahr im Herder Verlag erschienen.