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Theologie an der Tankstelle

Die Zapfsäule ist kein Ort für tiefgehende Gespräche. Tankkunden machen ihr Ding: Tanken, zahlen und weiter geht’s. Deshalb ist Pfarrer Gotthelf erstaunt, als er gerade hier in ein Gespräch verwickelt wird.
Eine junge Frau, die ebenfalls tankt, spricht ihn an. „Darf ich Sie mal `was fragen?“ Klar, Gotthelf will gerne Auskunft geben. „Wenn Sie wissen, dass Sie heute sterben müssen, – sind Sie sicher, in den Himmel zu kommen?“
Der Pfarrer ist irritiert. Mit solch einer frommen Frage hat er nicht gerechnet. Es regt sich ein innerer Reflex. Am liebsten würde er die Frage abblocken. So simpel kann man das Thema nicht angehen! Was will die Frau überhaupt?
        
Dann entscheidet sich Gotthelf aber anders. Auch wenn hinter der Frage der jungen Frau die Absicht steckt, ein Glaubensgespräch zu beginnen, die Antwort kann für ihn letztlich nur ein Ja sein. Hat der Heiland vom Himmel nicht längst „Tor und Tür“ sowie „Schloss und Riegel“ abgerissen? So wie es Friedrich Spee in einem Adventslied aussagekräftig beschreibt. „Ja“, sagt Gotthelf dann, „der Himmel ist durch Jesus Christus für mich und alle offen“.
So ganz ist der „Glaubenstest“ aber noch nicht beendet. Die Tankstellen-Missionarin schiebt nach, wie man Jesus richtig vertraut. Und am Ende verabschiedet sich Gotthelf freundlich: „Im Grunde sind wir uns einig.“
Klar, über den Missionsstil und seine Wirkung auf Menschen hätte man heftig streiten können – aber nicht an der Zapfsäule, denkt Pfarrer Gotthelf. In diesem Moment aber war ihm das Band der Einheit – wenn auch arg strapaziert – wichtiger.