In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
Die junge Tschechin Johana ist in einer Familie aufgewachsen, in der ihre jüngere autistische Schwester Roza stets den Tagesablauf aller übrigen bestimmte. Denn Roza braucht Betreuung und hat regelmäßig gewaltige Wutausbrüche, die für ihr Umfeld eine große Belastung sind.
Als Unterstützung der Eltern hat Johana viel helfen müssen und hat ihre eigenen Bedürfnisse lange zurückgestellt; ihre Gefühle verschließt sie oft tief in sich drinnen. Dann jedoch steht ihr Schulabschluss bevor, und sie hegt Pläne, sich für ein Studium in einer anderen Stadt zu bewerben. Was aber bedeuten würde, dass sie sich nicht mehr um Roza kümmern kann, womit das bestehende familiäre Gefüge auseinanderzubrechen droht.
Der Dokumentarfilm von Marie-Magdalena Kochova von 2024 porträtiert mit Johana eines der sogenannten “Glaskinder”, also Geschwister von hilfsbedürftigen Kindern. Die Regisseurin, die auch selbst mit einer Schwester mit Behinderung aufwuchs, bildet einige Monate im Leben ihrer Protagonistin ab, die durch ihren Schulabschluss und die Pläne zur weiteren Ausbildung geprägt sind.
Dabei erzeugen Regie und Kameraarbeit eine intime visuelle Nähe zu Johana wie auch zum Rest der Familie, verzichten aber auf Interviews und zeigen sich sensibel, wenn es ums Thema Belastung geht. So sind die heftigen Ausbrüche Rozas zwar zu hören, aber nie zu sehen.
In der Konzentration auf die angespannte physische Lage, der sich Johana permanent ausgesetzt sieht, vermag der Film einen intensiven Einblick in ein Leben zu geben, bei dem eigene Bedürfnisse immer in Gefahr sind, unterdrückt zu werden. 2024 erhielt der Film beim Festival DOK Leipzig den “mdr-Preis für den Besten osteuropäischen Dokumentarfilm”.