Selbsttötung in eine Geschichte verpackt: In Medien und im Theater gilt eine besondere Sensibilität bei der Darstellung von Suiziden. Es gehe nicht um ein Verbot, sondern den angemessenen Umgang, sagen Experten.
Eine besondere Sensibilität bei der Darstellung von Suiziden in fiktionalen Geschichten im TV oder auf der Bühne: “Dies dient nicht nur der Verhinderung solcher Taten, sondern auch der Prävention”, erklärte Medienpsychologe Frank Schwab von der Universität Würzburg am Mittwoch bei der Vorstellung eines neuen Leitfadens für Film, Fernsehen und Theater.
Gerade bei historischen Bühnenstoffen aber auch im sonntäglichen Tatort sei die Selbsttötung immer wieder Thema. Angemessene Inszenierungen könnten gefährdeten Menschen helfen, sich Hilfe zu suchen und das Problem nicht mit sich allein auszumachen.
Zuletzt stiegen die Suizidzahlen in Deutschland: 10.304 Menschen starben im Jahr 2023 durch Selbsttötung, so das Nationale Suizidpräventionsprogramm (NaSPro). Besonders betroffen seien vor allem junge Menschen sowie ältere Männer, sagte Schwab.
Bei der Broschüre “Suizidprävention – Empfehlungen für Film, TV- und Theaterschaffende” handelt es sich laut Angaben um die erste Veröffentlichung dieser Art im deutschsprachigen Raum. Bisher seien vor allem Journalisten und ihre Berichterstattung im Blick gewesen.
“Der Bedarf ist da”, sagte Georg Fiedler von der Deutschen Akademie für Suizidprävention. Es habe von vielen Künstlern entsprechende Nachfragen gegeben. “Wir wollen sie für das Thema sensibilisieren, sie unterstützen und ihnen Regeln an die Hand geben”. Vorlage sei eine englischsprachige Broschüre der WHO gewesen, die man entsprechend für die Situation in Deutschland angepasst habe.
Dazu gehört etwa Suizide nicht zu romantisieren, erklärte die Kölner TV-Produzentin Anette Kaufmann. Den Aufprall bei einem Sprung in den Tod einer Protagonistin könne man etwa mit einem “fiesen Ton” unterlegen, um zu zeigen: “Das hat jetzt weh getan.” Auch sei es wichtig, das Leid der Angehörigen in Filmen zu zeigen sowie positive Gegenfiguren in der Geschichte zu installieren.
Suizide nach einer Darstellung in den Medien oder in Filmen werden in der Wissenschaft als “Werther-Effekt” bezeichnet. Dies geht auf den Roman von Goethes “Die Leiden des jungen Werther” von 1774 zurück. Darin geht es um einen jungen Mann, der sich wegen einer unerfüllten Liebe das Leben nimmt. Nach Erscheinen des Buchs beobachteten Zeitgenossen eine Zunahme bei der Zahl der Suizide.