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Süßer Hoffnungsträger der Region

Die reformierte Gemeinde in Göncruszka betreibt eine eigene Schule und finanziert sie mit dem Verkaufserlös selbsterzeugten Honigs. Das aus Ideen des Pfarrerehepaars erwachsene Honigprojekt gibt den Menschen im dünn besiedelten Nordosten neue Zuversicht

Die Lebensumstände für viele Menschen in Ungarn sind oft alles andere als einfach. Armut, Elend und Hoffnungslosigkeit herrschen in vielen Regionen. Rückwärtsgewandt, national orientiert, undemokratisch und fremdenfeindlich zeigt sich die Regierung in dem südosteuropäischen Land. Doch das Zusammenleben auch mit Sinti und Roma kann anders aussehen, wie es die kleine, reformierte Gemeinde Göncruszka im dünn besiedelten Nordosten des Landes beweist: Mit einer eigenen Imkerei und einem Honigprojekt setzt sie Hoffnungszeichen.

Die Kleinstadt mit 8000 Einwohnern, in der Pfarrer Levente Sohajda zusammen mit seiner Frau Zsuzsa lebt und arbeitet, war früher eine wohlhabende Gegend. Doch mit dem Niedergang der Schwerindustrie im ungarisch-slowakischen Grenzgebiet war auch der Niedergang der ganzen Region vorbestimmt. Viele Menschen zogen weg in Richtung Budapest oder suchten Arbeit in der benachbarten Slowakei. Diejenigen, die blieben, waren alt oder arm. Viele von ihnen gehören der Roma-Minderheit an.
Auch die reformierte Gemeinde verlor viele Mitglieder. Als Sohajda in seine alte Heimat zurückkehrte, wo sein Vater schon Pastor war, hatte die kleine Gemeinde nur noch 67 Mitglieder. Die örtliche Schule war von Schließung bedroht.
Sohajda und seine Frau entschieden sich, trotzdem zu bleiben. Und sie hatten eine Idee: Warum sollte die Kirchengemeinde nicht eine Schule betreiben können? Mit neuen Ideen nach vorne schauen statt die Schließung einfach hinzunehmen – das waren ihre Visionen, getragen von ihrem christlichen Glauben und der festen Überzeugung, dass sie gemeinsam mit den Menschen aus der Gemeinde eine Region neu entwickeln können.
Die ehemalige städtische Grundschule bekam einen neuen Namen. Sie heißt heute „Talentum“-Schule. Der Name Talentum orientiert sich am biblischen Motiv vom Gleichnis der anvertrauten Talente. Das pädagogische Prinzip wird dialogische Erziehung genannt, es ist ein ganzheitlicher Ansatz mit der Schule als Lebensraum. Aufgenommen werden Kinder, die jeweils zu einem Drittel  aus Pflegefamilien, armen Roma-Familien und aus „normalen“ Verhältnissen stammen. Der Pfarrer und seine Frau arbeiten in der Schule mit, sie sind für die religiöse Bildung verantwortlich.
Eine andere Hoffnungsvision entwickelte sich schließlich aus den Bienenstöcken, die Sohajda von seinem Vater geerbt hatte. Und er wusste: Der Honig der Region schmeckt gut und lässt sich auch verkaufen. Während sein Vater noch Hobby-Imker war und nur wenig Honig für den privaten Bedarf produzierte, machte Sohajda daraus ein professionelles Unternehmen der Gemeinde. Schnell war die Idee geboren, mit den Einnahmen aus dem Honigverkauf das Schulprojekt zu finanzieren.
Heute fassen die Menschen im Ort – ob jung oder alt – tatkräftig und gemeinsam mit an, wenn im Herbst tausende von Honiggläsern abgefüllt, etikettiert und verpackt werden müssen. Die Gemeinde hat inzwischen internationale Unterstützer gewonnen, die durch den Honigverkauf ein sinnvolles Projekt der Dorf- und Regionalentwicklung unterstützen.

Weitere Informationen unter http://reformatus.hu/kirchentag 2013/ ?page_id=68.