Alarm im Bildungssystem: Eine Studie zeigt, dass Schüler in Deutschland in Mathe und Naturwissenschaften schlechter werden. Forscher führen das auf mehrere Faktoren zurück. Die Bildungsministerin ruft zum Handeln auf.
Immer mehr Schüler in Deutschland verfehlen laut einer Studie Mindeststandards in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik. Von allen untersuchten Neuntklässlern schafften demnach knapp 9 Prozent die Anforderungen für den Hauptschulabschluss nicht, rund 34 Prozent verfehlten die Anforderungen für den Mittleren Schulabschluss. Das geht aus der am Donnerstag in Berlin vorgestellten Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) im Auftrag der Kultusministerkonferenz hervor.
Unter denen, die mindestens die mittlere Reife anstreben, verfehlten im Fach Mathematik laut dem IQB-Bildungstrend 2024 immer noch 24 Prozent die Mindeststandards. In Biologie waren es 10 Prozent, in Chemie 25 und in Physik 16 Prozent. Gegenüber der Vorgängeruntersuchung aus dem Jahr 2018 stiegen die Anteile abhängig vom Fach um etwa 5 bis 9 Prozentpunkte.
Von der bundesweit negativen Entwicklung seien nicht nur leistungsschwächere Jugendliche betroffen, schreiben die Bildungsforscher. Auch unter Schülerinnen und Schülern an Gymnasien verschlechterten sich die Ergebnisse. Das erreichte Kompetenzniveau habe sich weitgehend unabhängig vom familiären oder von einem möglichen Migrationshintergrund verringert.
Alle 16 Bundesländer seien von den negativen Trends betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. In allen vier untersuchten Fächern erreichen nur Schüler in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen im Schnitt deutliche höhere Kompetenzniveaus. Ein deutlich geringeres Niveau erreichen dagegen im Mittel Schüler in Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland.
Als wesentlichen Faktor für die Entwicklung machen die Forscher die Corona-Pandemie und deren Folgen für den Schulbetrieb aus. Auch die veränderte Zusammensetzung der Schülerschaft spiele eine Rolle: So steige das Wohlstandsgefälle, und der Anteil der zugewanderten Schüler sei weiter gewachsen.
Zur Verbesserung der Lage sprechen sich die Experten unter anderem für mehr Sprachförderung, eine bessere Qualifizierung von Lehrkräften und das Zusammenwirken von Familien, Kitas, Schulen, Kinder- und Jugendhilfe sowie Universitäten aus.
Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) nannte die Ergebnisse einen “besorgniserregenden Befund und ein ernstzunehmendes Warnsignal”. Die Entwicklung gefährde Aufstiegschancen junger Menschen und damit die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Bund und Länder müssten nun gemeinsam eine “Trendwende” schaffen: mit besserer früher Sprachförderung, mehr Fokus auf Lesen, Schreiben und Rechnen sowie einer konsequenten Qualitätssicherung in allen Schulen.
Prien rief Bund, Länder und Kommunen auf, gemeinsam mit Kitas, Schulen und Familien zu handeln. “Der Bund steht bereit, Verantwortung zu übernehmen”.
In den “IQB-Bildungstrend 2024” flossen die Daten von rund 48.000 Schülern der 9. Jahrgangsstufe aus mehr als 1.500 Schulen ein. Nach 2012 und 2018 war es der dritte Durchgang der Studie zu Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern.