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Studie: Mehrheit lehnt emotionale Bestrafung von Kindern ab

Schluss mit Anschreien, Anschweigen und Hausarrest: Viele Deutsche möchten ihre Kinder so nicht bestrafen, einige tun es trotzdem – besonders eine Gruppe.

Laut einer neuen Studie lehnen Deutsche die emotionale Bestrafung von Kindern mehrheitlich ab. Grundsätzlich gegen emotionale Strafen sprachen sich fast drei von vier Befragten aus, wie Unicef Deutschland und das Universitätsklinikum Ulm am Mittwoch mitteilen. Dennoch gab es auch Zustimmung für verschiedene Maßnahmen: Rund 16 Prozent hielten Anschreien für eine angemessene Erziehungsmaßnahme, rund neun Prozent das Einsperren ins Zimmer. Fast neun Prozent fanden es richtig, nicht mehr mit dem Kind zu sprechen.

Für jeweils etwa fünf Prozent der Befragten sind demnach die Isolation von Freunden oder Familie, das Auslassen einer Mahlzeit, der Entzug von Aufmerksamkeit und Zuneigung sowie Schuldzuweisungen oder Bloßstellungen angemessene Strafen.

Die Realität ist jedoch eine andere: Jeder vierte Befragte, der bereits Kinder erzogen hat, gab an, diese mindestens einmal angeschrien zu haben. Rund elf Prozent sperrten zur Strafe ihre Kinder ins Zimmer ein, etwa neun Prozent sprachen als Erziehungsmaßnahme nicht mehr mit ihnen. Allerdings gaben zwei Drittel der Befragten an, keine emotionalen Strafen angewandt zu haben.

Im Hinblick auf emotionale Gewalt bleibe die Lücke zwischen Wissen und Handeln groß, sagte Kinder- und Jugendpsychiater Jörg M. Fegert. “Zwar wissen viele Menschen, dass emotionale Strafen in der Erziehung nicht mehr angemessen sind – wenden sie jedoch trotzdem an.” Besonders wichtig sei es, Menschen zu erreichen, die selbst emotionale Gewalt in ihrer Kindheit erlebt hätten.

Denn in dieser Gruppe stimmte etwa die Hälfte der Befragten emotionaler Gewalt in der Beziehung zu; zwei Drittel gaben an, entsprechende Methoden auch selbst angewandt zu haben. Im Vergleich: Nur zwei Prozent derer, die als Kind keine emotionale Gewalt erlebten, stimmen emotionaler Gewalt in der Erziehung zu, etwa fünf Prozent haben diese angewandt.

Vor 25 Jahren, am 8. November 2005, trat in Deutschland das Recht jedes Kindes auf gewaltfreie Erziehung in Kraft. Seitdem ist laut Mitteilung die Akzeptanz körperlicher Strafen deutlich gesunken und das Bewusstsein für die Rechte von Kindern gestiegen.

Die Ergebnisse entstammen einer gemeinsamen Befragung von Unicef und der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm mit Unterstützung “einer philanthropischen Stiftung”. Zwischen Oktober 2024 und Februar 2025 befragten sie 2.530 repräsentativ ausgewählte Personen zu Einstellungen gegenüber körperlichen und emotionalen Strafen. Die Ergebnisse zu körperlichen Strafen wurden bereits im April veröffentlicht.