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Stimmzuwachs der AfD: Kirche darf nicht schweigen

“Unfassbar” und “bedrückend”: Vertreter der Kirchen in Niedersachsen blicken mit Sorge auf den hohen Stimmzuwachs der AfD bei der Bundestagswahl. Was jetzt zu tun ist.

Mit der eigenen Stimme etwas bewirken, das wollten bei der Bundestagswahl 82,5 Prozent der Wahlberechtigten
Mit der eigenen Stimme etwas bewirken, das wollten bei der Bundestagswahl 82,5 Prozent der Wahlberechtigtenepd-bild / Peter Juelich

Niedersachsen schickt nach einem vorläufigen amtlichen Endergebnis vom Montag 65 Abgeordnete in den neuen Bundestag, darunter 13 Abgeordnete der AfD, sieben mehr als bei der Bundestagswahl im September 2021. Mit knapp 18 Prozent schnitt die rechtsextreme Partei in Niedersachsen jedoch schwächer ab als im Bundesdurchschnitt.

Mit Sorge blicken Vertreter der evangelischen Kirchen in Niedersachsen auf den Stimmenzuwachs bei der AfD. Es sei „unfassbar“, dass ein Fünftel der Wahlberechtigten für die AfD gestimmt habe, heißt es in einer Stellungnahme von „Kirche für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“ in Niedersachsen. „Hunderttausende Menschen haben sich in den vergangenen Wochen dem Rechtsruck entgegengestellt. Dieses Engagement muss weitergehen. Schweigen ist keine Option.“

Kirchenpräsidentin: AfD stellt Werte des Grundgesetzes infrage

Auch Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden sieht den Stimmenzuwachs bei der AfD als „bedrückend“ an. „Das ist nicht bloß eine Protestbewegung“, sagte die leitende Geistliche der Evangelisch-reformierten Kirche in Leer. „Es ist wohl eine bittere Einsicht, dass ein Teil der Menschen in unserem Land nicht mehr unbedingt hinter allen Werten unseres Grundgesetzes steht.“

 

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Als einziger leitender Geistlicher der lutherischen Landeskirchen in Niedersachsen hat sich der Braunschweiger Landesbischof nach der Wahl zu Wort gemeldet. Es sei besorgniserregend, erklärte Christoph Meyns in Wolfenbüttel, dass rechtsextreme, demokratiefeindliche Kräfte weiter Zulauf erhalten. Jetzt gehe es darum, den rechtsextremen ideologischen Hintergrund politischer Kräfte zu analysieren. Hierbei habe auch die Kirche eine Mitverantwortung und könne nicht schweigen.

Doch weitere leitende Geistliche der lutherischen Kirchen in Niedersachsen haben keine Stellung zum Wahlausgang bezogen. Die Pressestellen der Landeskirchen in Hannover und Oldenburg verwiesen auf die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) als Ansprechpartnerin bei Bundestagswahlen. Die Landeskirchen seien nicht das Gegenüber, sagte eine Sprecherin auf Anfrage von evangelische-zeitung.de.

Evangelische Kirche hat vor AfD gewarnt

Diese aktuelle Zurückhaltung begründete Georg Lämmlin, der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, mit der Arbeitsteilung innerhalb der evangelischen Kirchen und einer parteipolitischen Zurückhaltung. An der klaren Positionierung gegen Rassismus und Menschenverachtung habe sich nichts geändert.

Lange vor der Wahl hatten die lutherischen Landeskirchen ihre ablehnende Haltung gegenüber der AfD noch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. „Die AfD tritt das christliche Menschenbild mit Füßen“, hieß es auf einer Konferenz der lutherischen Kirchen Anfang vergangenen Jahres. Die AfD sei eine Partei, die „programmatisch mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gegen das Gebot der Nächstenliebe verstößt“.