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Steinmeier ruft zur Achtung des Völkerrechts auf

Nahost-Krieg, Ukraine, Trump: Die Vereinten Nationen wirken zunehmend wirkungslos und gelähmt. Internationales Recht wird fortwirkend gebrochen. Dennoch fordert der Bundespräsident mehr Respekt für die UNO.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu aufgerufen, das Völkerrecht zu achten. “Gerade wir sollten die Völkerrechtsordnung zum Teil unserer eigenen Identität erklären” sagte Steinmeier laut Vorabmeldung im Interview der Woche des Deutschlandfunks, das am Sonntag gesendet wird. Die Bundesrepublik sei aus der Erfahrung geboren worden, nach zwei Weltkriegen wieder in die Staatengemeinschaft aufgenommen worden zu sein. Deshalb dürften die Deutschen nicht darüber hinwegsehen, wenn das Völkerrecht missachtet oder – auch in Medien und Öffentlichkeit – verächtlich gemacht werde, sagte der Bundespräsident.

Die Vereinten Nationen bedürfen aus Sicht Steinmeiers 80 Jahre nach ihrer Gründung der Reform. Es bleibe aber die Notwendigkeit, sich “wieder zurück zu orientieren, nicht nur auf die VN-Charta, sondern auch auf die Institutionen der Vereinten Nationen”. Es gehe darum, dem Konzept der Regellosigkeit etwas entgegenzuhalten: “Und das ist Fairness, das ist Vertrauen, das ist Weltoffenheit, das ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit.”

Mit Blick auf den Krieg im Nahen Osten und das iranische Atomprogramm sagte der Bundespräsident, es bleibe die Maxime, dass der Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen kommen dürfe. Zugleich sagte Steinmeier, der in seinem früheren Amt als Bundesaußenminister an den Verhandlungen mit dem Iran beteiligt war: “Der Iran war vom Griff nach der Atombombe vermutlich nie weiter entfernt als nach dem Abschluss des Abkommens 2015.” Es werde heute manchmal der Eindruck gestreut, die Verhandlungen seien nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit geführt worden. Er wisse jedoch, dass das Gegenteil der Fall sei. Es seien damals bis ins kleinste Detail Regelungen vereinbart worden. Das Abkommen sei aber nie ernsthaft getestet worden, nachdem es eineinhalb Jahre nach seinem Abschluss von der damaligen Trump-Regierung in den USA gekündigt worden sei.

Steinmeier begrüßte es, dass in Deutschland eine Debatte über die Wehrpflicht geführt wird. Sie nehme aber “fast einen etwas überstürzten Verlauf”. Es gebe derzeit nicht die notwendigen Kasernen, Ausbilder und Personal für die Betreuung von Wehrpflichtigen. Deshalb liege die Priorität zu Recht auf den Möglichkeiten zur Ausweitung des freiwilligen Wehrdienstes. Wenn demnächst jeder junge Mann im Alter von 18 Jahren erfasst und angesprochen werde, bedeute das nicht, dass jeder Soldat werde. Aber es brauche eine moderne Ausrüstung und Soldatinnen und Soldaten, um Krieg durch militärische Stärke zu verhindern.

Steinmeier betonte die Bedeutung direkter Gespräche mit Menschen, die der Politik fremd und skeptisch gegenüberstehen. Deshalb suche er in der kommenden Woche zum 16. Mal in der Reihe Ortszeit Begegnungen in ländlichen Räumen und kleineren Städten, dieses Mal im brandenburgischen Neuruppin. Es gehe ihm darum, dorthin zu gehen, wo Menschen das Gefühl hätten, nicht gesehen und nicht gehört zu werden. Es habe dabei in den letzten zwei Jahren immer wieder auch heftige Debatten gegeben. Er habe aber den Eindruck, dass die Idee der Gespräche trage. Deshalb werde er sie “unabhängig von den Weltläufen auch weiter machen”, sagte Steinmeier.